Von Eugen Januschke(für ZivilCourage – Das Magazin für Pazifismus und Antimilitarismus – 4/2010)
Wie zu erwarten war, zeigte das erste Betriebsjahr des neuen Ehrenmals der Bundeswehr, dass es weder von den Medien noch von der Bevölkerung angenommen wird. Man könnte es dabei bewenden lassen, dies festzustellen, wenn sich andererseits nicht einiges getan hätte in der neuen Opferökonomie deutscher Kriegseinsätze während des vergangenen Jahres. Und es ist davor zu warnen, aus der mangelnden Annahme des Ehrenmals auf einen Stillstand in der Entwicklung des Kultes um den toten Bundeswehrsoldaten zu schließen.
Militaristische Traditionspflege
„Einsatznah ausbilden“ mit NS-Pressechef — Führender NS-Propagandist als Ghostwriter von Bundeswehr-Ausbildungsmaterial
(Von Wigbert Benz für ZivilCourage – Mitgliedermagazin der DFG-VK – 3/2010)
Der Vernichtungskrieg, den die Wehrmacht geführt hat, ist nicht zu leugnen. Führende NS-Propagandisten als Ghostwriter oder Quellengeber offizieller Ausbildungsmaterialien der Bundeswehr müssen als Albtraum erscheinen.
Dass der NS-Pressechef im Auswärtigen Amt Paul Karl Schmidt im Zweiten Weltkrieg Holocaust und Kriegspropaganda betrieb, ist bekannt. Ebenso seine Rolle nach dem Krieg als Bestsellerautor „Paul Carell“, der bis in die 90er Jahre die Wehrmacht von ihren Verbrechen entschuldete, deren militärische Operationen zum zeitlosen Vorbild moderner Kriegskunst erklärte, gerade auch von Nato und Bundeswehr, und den Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion als gerechtfertigten Präventivkrieg gegen die Rote Armee darstellte. Zuletzt in seinem „Bild“-Artikel vom 5. Februar 1991 zum „Golfkrieg/Lehren aus dem 2. Weltkrieg“ und seinem viel verkauften Stalingrad-Band 1992.
Bundeswehr verharmlost rechte Neigungen beim Offiziersnachwuchs
„Die politischen Haltungen von Offiziersstudenten der Bundeswehr sind zum Teil hochproblematisch und zeigen eine bedenkliche Nähe zu demokratiefernen Positionen der ,Neuen Rechten'“, sagt Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. Das ergebe sich aus einer Umfrage des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Bundeswehr unter den Studenten der Bundeswehr-Universitäten in Hamburg und München. Die bislang unveröffentlichte Studie wurde bereits Ende 2007 unter 2300 Studenten durchgeführt und der Abgeordneten jetzt vom Verteidigungsministerium zugestellt. Jelpke:
[Weiterlesen…] Infos zum Plugin Bundeswehr verharmlost rechte Neigungen beim OffiziersnachwuchsGegen Demokraten helfen nur Soldaten — Inlandseinsätze des Militärs haben eine unselige Tradition
von Frank Brendle in Forum Recht 3/2009
„Militair- und Civilbediente sind vorzüglich bestimmt, die Sicherheit, die gute Ordnung, und den Wohlstand des Staats unterhalten und fördern zu helfen.“ Paragraph 1 des Allgemeinen Preußischen Landrechts von 1794 sah vor, was heute von tonangebenden „Sicherheitspolitikern“ wieder vehement eingefordert wird: Um „Sicherheit“, „gute Ordnung“ und den „Wohlstand des Staates“ zu bewahren, soll Militär im Inneren eingesetzt werden. Das Weißbuch der Bundeswehr fordert hierfür ausdrücklich die „Erweiterung des verfassungsrechtlichen Rahmens“. In der Praxis wird der Rahmen schon erheblich gedehnt.
Symbolisches Desaster – Das »Ehrenmal der Bundeswehr« soll dem Soldatentod mehr Achtung verleihen
(von Eugen Januschke für Forum Pazifismus Nr. 24, Dezember 2009)
Anfang September 2009 ist in Berlin das »Ehrenmal« der Bundeswehr eingeweiht worden. Dort soll künftig der »infolge ihrer Dienstausübung verstorbenen« Militärangehörigen gedacht werden. Es soll einen Gedenkkult um den Soldatentod begründen, der Trost, Sinn, Legitimation und Motivation stiftet. Erreicht werden sollen sowohl Soldaten als auch deren Angehörige (bzw. »Hinterbliebene«) und die ganze Gesellschaft. Der Gedenkkult zielt letztlich darauf, die Kriegführungsfähigkeit der Bundeswehr mindestens zu erhalten, möglichst noch zu steigern. Damit unterscheidet sich das Ehrenmal auf den ersten Blick nicht von bisherigen Krieger- bzw. Opferdenkmälern, die überall in Deutschland vorzufinden sind. Dennoch: Gerade, dass diese alten Stätten nicht ausreichen, sondern den Planern im Bundeswehrministerium ein eigenes Denkmal nötig erscheint, deutet darauf hin, dass das Ehrenmal nicht geradlinig dem Gedenkkult des preußischdeutschen Militarismus entspricht.
Das zeigt schon ein Blick auf die Architektur: Das betrachtens- und lesenswerte Buch »Die beerdigte Nation« von Arndt Beck und Markus Euskirchen stellt insbesondere die Kriegerdenkmäler des alten Berliner Garnisonsfriedhofs am Columbiadamm vor. Es wird schnell klar, dass sich die martialischen Denkmäler des Kaiserreichs vom Ehrenmal erheblich unterscheiden. Sicherlich ist der Zweck dieser Denkmäler vergleichbar, aber weil die heutige deutsche Gesellschaft mit jener unter Kaiser Wilhelm II. nicht identisch ist, muss ein Kriegerdenkmal heute anders funktionieren. Zu dieser Andersheit, diesem Wandel in der Gesellschaft, entwickeln Militärstrategen und die ihnen zuarbeitenden Politikwissenschaftler zunehmend Gedanken.
Ehrenmalkampagne: „Menschenverachtend“!? – Die Sinnstiftung des militärischen Totenkultes zersetzen!
(Erläuterungen zur Ehrenmalkampagne aus dem DFG-VK-Landesverband Berlin-Brandenburg)
Unser Aufruf, Feste zu feiern, wie sie fallen, dürfte geeignet sein, vielerorts Empörung hervorzurufen. Schon unser vor vielen Jahren aufgelegtes Plakat, das einen Sarg mit einem „gefallenen“ Bundeswehrsoldaten unter dem Titel „Schritt zur Abrüstung“ zeigte, rief wütendes Geheule von der Jungen Freiheit bis hin zum Bundeswehrverband hervor. Wenn die Freundinnen und Freunde des deutschen Militarismus sich in ihrer Ehre verletzt fühlen, sind wir schon auf dem richtigen Weg. Wir wollen im Folgenden einige Gründe dafür auflisten, warum wir glauben, dass unsere Ehrenmalkampagne (die eigentlich eine Kampagne zur Ent-Ehrung des deutschen Militärs ist) eine richtige und notwendige Ergänzung zu anderen antimilitaristischen Aktionsformen ist. Damit richten wir uns vor allem an jene, die im Prinzip mit unseren Anliegen sympathisieren, die von uns gewählte Form aber (noch) für zu drastisch halten.