Lange Zeit war die Anwesenheit der Bundeswehr an den Schulen kaum ein Thema für die Öffentlichkeit. Besuche von Wehrdienstberatern und Jugendoffizieren gibt es aber schon lange. In den vergangenen Jahren hat das Engagement der Bundeswehr in den Schulen allerdings zugenommen. Durch das Aussetzen der Wehrpflicht sind Schülerinnen und Schüler sowie die Lehrkräfte stärker in den Fokus der Armee gerückt.
[Weiterlesen…] Infos zum Plugin GEW-Report zu Bundeswehr und Schule erschienenSchulfrei für die Bundeswehr
Soldaten als Lehrer unerwünscht
Friedensgruppen aus Rheinland-Pfalz machen vor der Landtagswahl Druck, die Zusammenarbeit von Schulen und Bundeswehr zu beenden.
Von Michael Schulze von Glaßer
http://www.neues-deutschland.de
für Neues Deutschland
Vor einem Jahr unterzeichneten eine Vertreterin des rheinland-pfälzischen Bildungsministeriums und ein Generalmajor der Bundeswehr eine Vereinbarung, künftig stärker zu kooperieren. Man wolle in den Schulen »gemeinsam einen Beitrag leisten, um sicherheitspolitische Aufklärung und Information zu ermöglichen«, heißt es in dem Papier. Dabei müsse über »globale Konfliktverhütung und Krisenbewältigung« genauso wie über das »nationale Interesse« Deutschlands aufgeklärt werden, »um Schülerinnen und Schülern, Referendarinnen und Referendaren sowie Lehrerinnen und Lehrern die Position der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Sicherheitspolitik zu vermitteln«. Mit der Kooperationsvereinbarung wird sogenannten Jugendoffizieren – jungen, rhetorisch geschulten Soldaten – der Gang in die Klassenzimmer erleichtert. Zwar hielten die Soldaten schon vor Abschluss der Vereinbarung Schulvorträge über den Sinn und Zweck der Bundeswehr, mit der Vertragsunterzeichnung wurde dies aber institutionalisiert und somit vereinfacht. Zudem wird die Bundeswehr durch die Kooperation zunehmend in die Aus- und Fortbildung von Referendaren und Lehrkräften eingebunden.
Bundeswehr an der Schule – was macht man da?
von Cornelia Mannewitz
Das ist eigentlich ein Artikel für Schüler. Aber die Lehrer haben sicher schon darüber nachgedacht und sie wissen Bescheid, wenn die Schüler mit ihrem Anliegen zu ihnen kommen: Sie wollen keine Bundeswehr in der Schule haben.
Das hat nämlich schon manchmal geklappt. Wichtige Partner sind: die Schülervertretung; die Schulkonferenz; die Eltern (sie können die Befreiung ihres Kindes vom Unterricht beantragen); die Schulleitung; und natürlich die Lehrer. Wenn die Veranstaltung mit dem Jugendoffizier Unterricht ist, muss man teilnehmen. Man sollte also im Vorfeld aktiv werden und zum Beispiel Veranstaltungen organisieren. Transparente aufhängen und Flugblätter verteilen kann man aber auch an dem Tag selbst. An einer Schule flankierten als Gerippe verkleidete Schüler die Eingangstür. Im Unterricht wurden Fragen nach getöteten deutschen Soldaten gestellt. Bundeswehrfahrzeuge auf dem Schulgelände hatten auf einmal eine rosa Farbe. Das ist ärgerlich, aber so weit muss es ja nicht kommen. An einer Schule in Berlin war kürzlich die Ablehnung seitens aller Partner so klar, dass die Bundeswehr ihren Besuch zurückzog.
GRÜNEN kritisieren Kooperation zwischen Kultusministerium und Bundeswehr
Teilnahme an Veranstaltungen muss freiwillig sein
Zur heutigen Unterzeichnung einer Kooperationsvereinbarung über eine engere Zusammenarbeit zwischen Schule und Bundeswehr in Sachsen durch Kultusminister Prof. Roland Wöller und Generalmajor Heinrich Geppert erklärt Annekathrin Giegengack, bildungspolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag:
„Viele der heutigen Eltern und Großeltern haben die Allgegenwart der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR in Kindergarten und Schule, Wehrkundeunterricht und Wehrlager noch schlecht in Erinnerung. Kultusminister Wöller zeigt durch die Unterzeichnung der Kooperation mit der Bundeswehr einmal mehr sein fehlendes Gespür im Umgang mit Eltern aber auch mit Lehrerinnen und Lehrern.“
Was will die Bundeswehr in den Schulen?
Im Jahr 2009 wurden durch Veranstaltungen von Jugendoffizieren bundesweit 157.000 Schülerinnen und Schüler erreicht. Auch an den Hochschulen nehmen Militarisierungstendenzen, so zum Beispiel durch Forschungskooperation mit Rüstungsbetrieben, zu.
Am 13. Juli kam es zwischen dem Bildungsministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern und dem Wehrbereichskommando Küste der Bundeswehr zur Unterzeichnung einer Kooperationsvereinbarung.
„Militär muss leider eingesetzt werden.“
Ein Erfahrungsbericht zum Bundeswehr-Simulationsspiel POL&IS
Von Markus Pflüger
http://zc-online.de
für Zivilcourage 5-2010
Das Simulationsspiel POL&IS (= Politik und Internationale Sicherheit) wird von den Jugendoffizieren der Bundeswehr als Angebot der politischen Bildung mit Schülergruppen durchgeführt. Es wird von Friedensgruppen stark kritisiert, weil es als herausragendes Propagandainstrument der Jugendoffiziere im Rahmen des gesamten Bundeswehr-Werbefeldzuges gilt. Friedensbewegte hatten die Möglichkeit, es Anfang Oktober erstmals zu spielen. Für die Friedensaktivisten war dies eine Chance, das Spiel aus erster Hand kennenzulernen und kritisch zu analysieren, um Friedensbildung statt Militarisierung voranzubringen.
Ohne radikale Opposition
Wir waren eine ziemlich bunte Gruppe aus der Friedensbewegung: Von Mitgliedern unabhängiger Friedensorganisationen über internationale Entsendeorganisationen von Friedensdiensten und Trainingsanbietern bis zu Vertretern von kirchlichen Friedensgruppen sowie Schüler- und Gewerkschaftsvertreter. Das Spiel fand in der Bundeswehrseminarstätte Winterberg im Sauerland statt.
Nach einer kurzen Einführung ging es direkt los. Wir verteilten die Rollen, also Regierungschefs, Wirtschaftsminister, UN-Generalsekretär – bei uns eine Generalsekretärin -, Weltpresse und NGOs. „Polis heißt, realitätsnah ein paar Tage Weltpolitik zu spielen“, meinte ein Jugendoffizier. Mangels Teilnehmern konnte die Opposition nicht besetzt werden, dafür seien größere Gruppen notwendig. Interessant dabei auch, dass die Opposition in Europa laut Spielvorgabe nur „konservativ“ oder „liberal“ war – grundsätzliche Fragen und linke Perspektiven hätte sie also nicht eingefordert – aber sie fiel ja ohnehin aus.