Deutsche Waffenlieferungen nach ganz Südostasien lösen Besorgnis aus von Roman Deckert
Der oben genannte Slogan, der dem Geist der 1968er-Bewegung entsprungen ist, klingt zwar platt, trifft aber, zumindest was die Waffen angeht, für die meisten Krisengebiete der Welt zu – auch für Südostasien:
Die vielfältigen Konflikte in der Region haben bei aller Komplexität eines gemeinsam: sie wurden und werden vor allem mit den so genannten Kleinwaffen ausgetragen: Maschinen-pistolen, automatischen Sturmgewehren und Maschinengewehren. Unter diesen gelten welt-weit die Modelle der Firma Heckler & Koch (H&K) gleichsam als der „Mercedes“ schlecht-hin.
Die Produkte der schwäbischen Waffenschmiede zeichnen sich durch höchste Präzision, Be-lastbarkeit und Durchschlagskraft aus. Konkret bedeutet dies, dass eine Kalaschnikow ver-gleichsweise kleine und „saubere“ Verletzungen bei den getroffenen Opfern verursacht, während Kugeln aus H&K-Waffen große Wunden reißen und damit viel tödlicher sind. So rühmt der aktuelle H&K-Katalog die neue MP7-Maschinenpistole damit, dass ein Schuss noch aus 200 Metern Entfernung eine NATO-Schutzweste durchschlägt. Die Feuerkraft be-trägt dreißig Schuss pro Sekunde (!). Die beiden letzten Bundesregierungen, von deren Ver-tretern viele der 1968er-Generation angehören, haben den Export solcher MP7 an Malaysia und Indonesien erlaubt.
Stoppt den Waffenhandel
Mercedes-Lkw für Georgiens Raketenwerfer
von Otfried Nassauer
Georgien hat moderne Mehrfachraketenwerfer aus Israel importiert. Sie sind auf schweren Mercedes-Lkw montiert. Mit diesen Raketenwerfern wurde während des Feldzuges gegen Südossetien auch Streumunition verschossen. Die ist umstritten, weil sie unterschiedslos gegen militärische und zivile Ziele wirkt. Auch noch lange nach einem Krieg. Ende 2008 soll ein internationaler Vertrag unterzeichnet werden, der solche Waffen verbietet. Die Bundesregierung sieht sich dabei in einer Vorreiterrolle und hat nun ein Glaubwürdigkeitsproblem.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier wird sich ärgern. Er möchte, dass Deutschland bei den Bemühungen um ein internationales Verbot von Streumunition eine „Vorreiterrolle“ spielt. Der Vertragsentwurf ist bereits ausgehandelt soll im Dezember unterschrieben und danach schnell ratifiziert werden. Und nun das: Die georgischen Streitkräfte importieren seit 2007 moderne Mehrfachraketenwerfer, mit denen Streumunition verschossen werden kann. Das meldete Georgien an das UN-Waffenregister. Vier Raketenwerfer wurden 2007 geliefert, weitere 11 wahrscheinlich 2008. Georgiens Verteidigungsministerium musste einräumen, die Raketenwerfer während des Konfliktes mit Südossetien und Russland im August 2008 eingesetzt zu haben. In einem Fall seien Raketen mit Submunition gegen militärische Ziele eingesetzt worden. Weitere Einsätze bestreitet die georgische Regierung, obwohl die Streumunition auch an mindestens ein oder zwei anderen Orten gefunden wurde.
Zahlen zum Rüstungshaush alt 2009
Der Arbeitskreis Sicherheitspolitik der Linksfraktion hat die aktuellen Zahlen des rüstungshaushaltes 2009 unter die Lupe genommen und eine Argumentationshilfe zur Kritik daraus zusammen gestellt.
[Weiterlesen…] Infos zum Plugin Zahlen zum Rüstungshaush alt 2009Den Tod bringen Waffen aus Deutschland
Von Jürgen Grässlin (in ZivilCourage 4/2008)
Seit Jahren rangiert Deutschland unter den Top Ten der Weltwaffenexporteure. Als „Europameister“ lieferte die Bundesrepublik im vergangenen Jahr für 3,395 Milliarden US-Dollar Waffen in alle Welt – so viel wie nie zuvor. Diesen Fakt dokumentiert der neue Jahresbericht des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri 2008 für das Vorjahr. Panzer, Kampfflugzeuge oder Kriegsschiffe, Gewehre und Munition wurden ganz legal an kriegführende Nato-Staaten und an menschenrechtsverletzte Entwicklungsländer geliefert. Wie in den Vorjahren bricht die Bundesregierung damit erneut ihre eigenen „Politischen Grundsätze zum Rüstungsexport“.
Dass Deutschland auch bei den legalen Exporten so genannter „Kleinwaffen“, wie Gewehre und Maschinenpistolen, neue Rekorde erzielt, musste die Bundesregierung bereits in ihrem Rüs- tungsexportbericht 2006 eingestehen. Jüngst konnten Friedensorganisationen sogar den illegalen Export von G36-Gewehren ins Krisengebiet am Kaukasus nachweisen, was weltweit Aufsehen erregte.
Auch bei zivil wie militärisch einsetzbaren Dual-Use-Gütern betreibt die Bundesregierung Außenwirtschaftsförderung statt restriktiver Rüstungsexportkontrolle. Aktuelles Beispiel sind Mercedes-LKWs mit israelischen Streumunitionswerfern in Georgien – die persönliche Unterstützungserklärung auf der DFG-VK-Website ist wichtiger denn je.
Durch die im Rahmen der Schritte-zur-Abrüstungs-Kampagne von der DFG-VK mitinitiierte „Waldkircher Erklärung gegen den Rüstungsexport“ (siehe ZivilCourage 4/2007) gibt ein breites Bündnis von friedenspolitischen, kirchlichen und gewerkschaftlichen Organisationen dem Widerstand eine gewichtige Stimme. Denn wir dürfen nicht länger hinnehmen, dass deutsche Außenhandels- und Wirtschaftspolitik als Kriegsunterstützungspolitik betrieben wird.
Die deutsche Rüstungslobby
Wie die deutschen Rüstungsproduzenten in der Wirtschaft und der Politik ihre Interessen einbringenund Vertreten lassen hat der Abgeordnete des Bundestages Paul Schäfer (Linksfraktion) in einer Broschüre zusammen gestellt.
Aus dem Inhalt:
Die Arbeit der Rüstungslobby in Deutschland
Besonderheiten der Lobbyarbeit im Rüstungssektor
Ziele der Interessenverbände der Rüstungsindustrie
Formen der Lobbyarbeit im Rüstungsbereich
Struktur der Interessenverbände der deutschen Rüstungsindustrie
Zukünftige Herausforderungen abrüstungsorientierter Politik
Deutsches Kriegsgerät im Sudan
von Roman Deckert
Im Sudan herrscht seit einem halben Jahrhundert Bürgerkrieg, nur von 1972 bis 1983 gab es einen fragilen Frieden. Zwei Kriege im Süden haben 2,5 Millionen Zivilisten das Leben gekostet, der seit langem schwelende Konflikt in der Westregion Darfur hat bis zu 300.000 Menschen den Tod gebracht. Trotzdem wurde der Vielvölkerstaat bis vor wenigen Jahren mit deutschem Kriegsgerät vollgepumpt. Wie kam es dazu?
Für die Strategen des „Kalten Krieges“ hatte der größte afrikanische Flächenstaat, der 1956 als zweites Land des Kontinents die Unabhängigkeit erlangte, hohe geostrategische Bedeutung. Dies vor allem als „Hinterhof“ Ägyptens, da der Nil auf seiner längsten Strecke durch den Sudan fließt. Vor diesem Hintergrund wurde die Bundesrepublik Deutschland bald ein Hauptpartner des sudanesischen Militärs und der Polizei- und Geheimdienste. Dokumente aus deutschen, britischen und amerikanischen Archiven beweisen, dass die Bonner Verantwortlichen dabei keineswegs als Handlanger der Alliierten agierten, sondern aus rein deutschlandpolitischen Motivenvollkommen eigenständig vorgingen. Die Aktivitäten waren so umfangreich, dass hier nur die wichtigsten Stationen skizziert werden können:
Bereits 1959, kurz nach dem Putsch der sudanesischen Militärs, errichtete die bundeseigene Firma Fritz-Werner (Geisenheim) bei Khartoum eine Munitionsfabrik für das NATO-Kaliber 7,62 mm.