aus dem Kleinwaffen Newsletter
von Alexander Lurz
Die ordentliche Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft gibt den Aktionären einmal im Jahr das Recht, die Dividende zu beschließen, über die Unternehmensstrategie abzustimmen, den Vorstand und den Aufsichtsrat zu entlasten und: Fragen zu stellen. Am Dienstag, den 6. Mai, war es bei Rheinmetall wieder soweit. Der Vorstand der Düsseldorfer Rüstungsschmiede lud die Anteilseigner in das Hotel Maritim in der Berliner Stauffenbergstraße.
Auf den Weg dorthin machte sich auch Dorothea Kerschgens vom Dachverband der Kritischen Aktionäre. Ihre Fragen an den Vorstand sollten sich jedoch von denen der anderen Aktionäre unterscheiden. Sie fragte nicht nach der Entwicklung des Aktienkurses oder der Vergütung des Aufsichtsrates. Von dem Vorstandsvorsitzenden Klaus Eberhardt verlangte sie Auskünfte über Rüstungsexporte in Entwicklungsländer, den Stand der Klage von Apartheidsopfern in den USA gegen die Düsseldorfer und den Lizenzvergaben- und Einnahmen des MaschinengewehresMG3.
Der letzte Fragenkomplex hat einen pikanten Hintergrund. Der staatliche sudanesische Rüstungskonzern Military Industry Corporation (MIC) gibt seit einigen Monaten auf seiner Homepage () an, das MG3 unter dem Namen Karar zu produzieren.
Ein Rheinmetall-Produkt im Einsatz in Darfur? Ein unangenehmes Thema für den Vorstandsvorsitzenden, der kurz zuvor noch Beifall für die positive Jahresbilanz erhalten hatte. Eberhardt ergriff die Flucht nach vorne und an der Frage vorbei. Sein Konzern habe keine Waffen an den Sudan geliefert und das Embargo achte man selbstverständlich. Auch Kerschgens Frage nach etwaigen Einnahmen aus der MG3-Lizenzproduktion in Iran und Pakistan blieb unbeantwortet. Das sei vor seiner Zeit bei Rheinmetall gewesen, so der Vorstandsvorsitzende.
Für Kerschgens blieb der Vormittag dennoch nicht ohne Erfolg. Beim abschließenden Mittagessen zeigte sich, dass ihre Fragen und begleitenden Ausführungen nicht ohne Wirkung geblieben waren. Ihre Tischnachbarin war nachdenklich geworden und wollte mehr hören zum Thema „Kanonen“ und Entwicklungsländer. Eine Erfahrung, die Kerschgens nicht zum ersten Mal machte. Auch im letzten Jahr, so die kritische Aktionärin, sei sie von Anteilseignern angesprochen worden, die durch ihren Auftritt erstmals einen Bezug zwischen ihrer Dividende und der Kehrseite des Waffenexportes herstellten.
Die Fragen Keschgens zum Thema MG3 hat der Autor am 16. Mai in erweiterter Form schriftlich nochmals an den Leiter der Unternehmenskommunikation Rheinmetalls, Peter Rücker, gerichtet. Bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe blieb eine Antwort aus. Auf Nachfrage erklärte das Büro Rückers lapidar: die Angelegenheit sei an den Archivar des Unternehmens weitergeleitet worden – das dauere eben. Die erbetene Voraberklärung, dass Rheinmetall zumindest in den letzten Jahren der MIC keine Lizenz zum Nachbau des MG3 erteilte, wurde nicht gegeben.
Alexander Lurz ist Mitarbeiter des BITS (Berliner Informationszentrums für Transatlantische Sicherheit – )http://www.rib-ev.de