Protest gegen die Präsentation von Kriegstechnologie bei der Messe Airtec Frankfurt
Zum siebten Mal fand auf dem Messegelände in Frankfurt a.M. Anfang November die Airtec statt, eine Zuliefermesse für die Luft- und Raumfahrtindustrie. Dort werden auch unbemannte Flugobjekte (UAV, Unmanned Aerial Vehicles) ausgestellt, so genannte Drohnen, die sowohl im zivilen als auch militärischen Bereich eingesetzt werden. Die auf der Airtec vorgestellten bewaffneten Drohnen wurden vor allem für einen Zweck entwickelt: für militärische Einsätze wie die „gezielte Tötung Terrorverdächtiger“.
Wie schon in den vergangenen Jahren protestierten auch diesmal wieder ein Bündnis von Friedensgruppen gegen diese Zurschaustellung von Kriegsgerät.
Drohnenkrieg in Pakistan
Allein in Pakistan kamen seit Juni 2004 bis zu 881 zivile Opfer durch Drohnenangriffe der USA ums Leben, bis zu 1.362 wurden verletzt, so die Studie Living Under Drones (Leben unter Drohnen) von Stanford University und New York University vom September.
Die Angriffe prägten massiv den Alltag der Menschen in den pakistanischen Stammesgebieten, die nicht wüssten, wann Gefahr drohe und deshalb größere Versammlungen mieden. Sie trauten sich nicht mehr, auf dem Markt einzukaufen, ihre Kinder in die Schule zu schicken oder ihre Felder zu bestellen. Die Bevölkerung wird außerdem daran gehindert, ihre alltäglichen Konflikte zu lösen, weil auch Treffen von Stammesältesten bereits Ziele von Drohnenangriffen wurden.
Die Studie verweist auch auf die politische Kontraproduktivität der Drohneneinsätze hin. „Tötung Verdächtiger“ ist nichts anderes als „Newspeak“ für die bekannten „extralegalen Hinrichtungen“, die oft auf Beschuldigungen von zweifelhafter Glaubwürdigkeit beruhen, so dass persönliche Zwistigkeiten schnell zu tödlichen Verleumdungen führen können. Das Misstrauen der Menschen untereinander wird geschürt.
Unter der Präsidentschaft von Barack Obama haben die Drohnenangriffe massiv zugenommen. Ein Krieg in Pakistan mit konventionellen Methoden müsste in Senat und Repräsentantenhaus diskutiert werden. Durch den Einsatz von Drohnen lässt sich das umgehen. Die Einsätze werden in der Öffentlichkeit als eine Art Polizeiaktion beschrieben. In Pakistan aber schüren die Einsätze Hass und werden von der Bevölkerung schon längst als Krieg empfunden.
Protest mit Friedenstauben und Papierfliegern
Auch in diesem Jahr forderte ein breites Bündnis „die Veranstalter der Airtec dazu auf, keine Drohnen zu präsentieren, die zu militärischen Zwecken eingesetzt werden können.“ Zum Protest zusammengefunden hatten sich: Attac-AG Globalisierung und Krieg, DFG-VK, Friedens- und Zukunftswerkstatt, pax-christi-Bistumsstelle Limburg und Zentrum Ökumene der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau.
Bei der Kundgebung am 5. November an der Hauptwache in Frankfurt, einen Tag vor Messebeginn, stiegen Friedenstauben auf. Vom Turm der Katharinenkirche segelten zivile Papierflieger. Günstig für die öffentliche Wirkung der Hauptkundgebung war, dass sie diesmal auf einem belebten zentralen Platz in der Innenstadt stattfand und dass der heftige Dauerregen rechtzeitig von Sonnenschein abgelöst worden war. In den Vorjahren war mit einer Mahnwache vor dem Messehaupteingang auf dem gegenüberliegenden Mittelstreifen demonstriert worden, unsichtbar für fast alle, die zur Messe mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit Auto anreisen, in einer menschenleeren Gegend, meist im novembertypischen Regenwetter. Trotzdem wurde auch in diesem Jahr der Protest mit einem Flugblatt auch in englischer Sprache fürs internationale Messepublikum direkt vor die Airtec getragen.
Kampf-Drohnen für die Bundeswehr?
Auch Deutschland will einsteigen in den Einsatz bewaffneter Drohnen. Bisher hat die Bundeswehr drei Aufklärungsdrohnen in Afghanistan im Einsatz. Für die Bundeswehr ist die Verlockung groß. Da die Bevölkerung auf Kriegseinsätze traditionell kritisch reagiert, wären Kampfdrohnen ideal, um Bündnisverpflichtungen zu erfüllen, ohne den Kampfeinsatz von Soldaten irgendwo auf der Welt rechtfertigen zu müssen. Der Rüstungskonzern Rheinmetall entwickelt bereits ein Modell für Kampfeinsätze – eine Drohne, die beim Auftreffen sich selbst und ihr Ziel zerstört: Weder vor noch nach dem Einschlag sichtbar, Terror in letzter Perfektion.
Drohnen: Waffe für die „neuen Kriege“
Drohnen sind kein beliebiges Mordwerkzeug unter vielen. Sie sind typisch und ideal für die neuen asymmetrischen Kriege. In westlichen post-heroischen Gesellschaften, in denen es keineswegs mehr als ehrenvoll oder normal gilt, massenhaft im Krieg zu sterben, und auch die Bevölkerungsbasis dafür fehlt, lassen sich Drohnen besser rechtfertigen. Das eigene Militärpersonal wird geschont – kann aber vor einem Monitor in einem Stützpunkt Tausende von Kilometern vom Schlachtfeld entfernt wie in einem Computerspiel auch schlimmste Massaker durchführen. Ebenso wie beim „Krieg gegen Terror“ insgesamt verwischen die Drohnen die Grenze zwischen Krieg und Frieden und unterminieren damit das internationale Recht. Aus pazifistischer Sicht ist es problematisch, sich aufs Völkerrecht und damit aufs Kriegsvölkerrecht zu berufen, denn es legalisiert das konventionelle millionenfache Abschlachten. Allerdings setzt das internationale Recht auch Grenzen, auf deren Beachtung zu beharren sinnvoll ist.
Die Drohnen setzen die Hemmschwelle für Krieg und für einzelne Einsätze herab, von der politischen Durchsetzbarkeit bis hin zur individuellen Tötungshemmung. Grund genug, sich gezielt gegen diese Waffen zu wenden. Ein Anlass dafür wird voraussichtlich auch im nächsten November die Airtec in Frankfurt sein.
Gernot Lennert ist Geschäftsführer des DFG-VK-Landesverbands Hessen. Mehr Informationen zu der Aktion im Internet:
http://www.dfg-vk-hessen.de
www.dfg-vk-hessen.de
Quelle:
https://zivilcourage.dfg-vk.de
Zivilcourage 5/2012
http://www.drohnen-kampagne.de