Russische Kampfjets sollen laut Medienberichten mit Treibstoff des deutschen Konzerns Wintershall Dea betrieben werden.
Friedens- und Klimaaktivist*innen protestierten am Donnerstag für ein Ende der blutigen und klimaschädlichen Geschäfte mit Russland und forderten die Vergesellschaftung des Energiekonzerns.
Eine schockierende Szene konnten Passant*innen am Donnerstagmittag vor der Firmenzentrale des Gaskonzerns Wintershall Dea im nordhessischen Kassel erblicken. Rund ein dutzend „Tote“ mit blutverschmierter Kleidung lagen im Eingangsbereich des Gebäudes – zum Glück nur ein Schauspiel von Aktivist*innen. „Wir wollten zeigen, was Wintershall Dea mit seinen Geschäften anrichtet“, erklärte Michael Schulze von Glaßer von der „Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen“ (DFG-VK) dazu.

Aktuelle Recherchen des SPIEGEL und des ZDF-Magazins „Frontal“ hatten herausgefunden, dass Wintershall Dea in Russland gemeinsam mit einem Partnerunternehmen Gaskondensat und damit einen Grundstoff für Kerosin herstellt. Dieser Stoff wird an den russischen Energie-Staatskonzern „Gazprom“ verkauft, der wiederum größter Hersteller von Treibstoff für russische Kampfjets ist.
„Laut den Recherchen sollen russische Jets mit dem Wintershall-Treibstoff im März Angriffe auf Tschernihiw rund 100km nördlich von Kiew sowie auf das Theater in Mariupol geflogen haben – dabei wurden über 300 Menschen getötet“, so Schulze von Glaßer weiter. Neben den „Toten“ hielten einige Aktivist*innen noch Transparente und Schilder hoch, „Kriegsverbrechen ermöglicht durch Wintershall Dea“ stand etwa auf einem.
Keine Steuergelder für Putins Krieg
Die Aktion wurde von der DFG-VK und der Gruppe „Klimagerechtigkeit Kassel“ (KligK) organisiert. Sie kritisieren nicht nur die Geschäfte mit „Gazprom“ zur Kerosin-Produktion, sondern auch die mit den Russland-Geschäften verbundenen Steuerzahlungen Wintershall Deas. In den ersten drei Quartalen 2022 sollen 320 Millionen Euro an Einkommensteuerzahlungen und 400 Millionen Euro an sogenannten Fördersteuern von Wintershall Dea an den russischen Staat geflossen sein.
„Neun Monate nach Beginn der großangelegten russischen Invasion der Ukraine trägt Wintershall Dea anders als etliche andere Unternehmen noch immer zur Finanzierung des russischen Staates und damit des Krieges bei“, kritisiert Pressesprecher Lasse Sommer von Klimagerechtigkeit Kassel.
Die Aktivist*innen forderten am Donnerstag endlich politische Konsequenzen für Deutschlands größten Öl- und Gasproduzenten, der allein für Emissionen in Höhe von über 10% der gesamten deutschen Treibhausgase verantwortlich ist. Mit ihren zahlreichen Methan-Lecks tragen die russischen Pipelines gravierend zur Klimakrise bei.
Kritik auch aus der Ukraine
„Wintershall Dea: Beendet eure blutigen und klimaschädlichen Geschäfte mit Russland! Sofort!“ war bei der Aktion auf einem Transparent zu lesen. Auch die ukrainische Umweltschutzorganisation „Ecoaction“ kritisiert Wintershall Dea.

Ihre Forderung nach einem Ende der Russland-Geschäfte des Konzerns unterstreichen sie mit einer aktuellen Einladung an den Konzernvorstand, das ukrainische Kriegsgebiet zu besichtigen. Gewinne des Konzerns sollten für den Wiederaufbau der Ukraine verwendet werden. Auch für Reparationen der bislang bereits verursachten Klimazerstörung sollte Geld bereitgestellt werden, wie es von zahlreichen Vertreter*innen aus dem Globalen Süden auf der laufenden Weltklimakonferenz in Ägypten vehement gefordert wird.
Wintershall geht für Profite über Leichen
Doch unschuldige Menschenleben, rasant steigende Energiepreise und die lebensbedrohliche Klimakrise seien Wintershall Dea scheinbar egal – es würden nur Profite zählen, so die Kritik der Friedens- und Klimaaktivist*innen.
„Wenn sich ein Konzern so verantwortungslos verhält, muss er unter demokratische Kontrolle gestellt werden“, mahnte Sommer an. “Es kann nicht sein, dass nur die strauchelnden Gaskonzerne „WINGAS“ und „Uniper“ mit riesigen Verlusten für uns Steuerzahlende verstaatlicht werden, der Kriegsprofiteur Wintershall Dea aber Milliarden-Gewinne an die „BASF“-Aktionäre ausschüttet.”
Tatsächlich konnte Wintershall Dea durch die hohen Gaspreise in der Krise seine Schulden in Höhe von 3,3 Mrd. Euro nicht nur tilgen, sondern habe bis Ende September noch zusätzliche 1,8 Mrd. Euro Gewinn angehäuft. In ihrem gerade erschienenen Quartalsbericht rühmt sich das Unternehmen mit einem um 264 Prozent gestiegenen Nettogewinn im Vergleich zum selben Zeitraum vor einem Jahr.
Pressemitteilung der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte Kriegsdienstgegner*innen (DFG-VK) und der Gruppe Klimagerechtigkeit Kassel (KligK) vom 10. November 2022

Kontakt
Michael Schulze von Glaßer
Politischer Geschäftsführer der DFG-VK
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