Eine Mitarbeit im Bündnis „Sicherheit neu denken“, ein klares Statement gegen die „Alternative für Deutschland“ (AfD) und eine deutliche Verjüngung des SprecherInnenkreises beschlossen am vergangenen Wochenende über einhundert Delegierte auf dem 22. Bundeskongress der „Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen“ (DFG-VK).
Die erste Überraschung beim Bundeskongress der mit knapp 3.600 Mitgliedern größten pazifistischen Organisation im Land gab es schon vor Beginn: Aufgrund der vielen Anmeldungen musste der Veranstaltungssaal im „Haus der Jugend“ in Frankfurt am Main gewechselt werden. Dies passt zum allgemeinen Trend in der Friedensorganisation: Die Mitgliedszahlen steigen seit Jahren – langsam aber stetig –, neue Basisgruppen gründen sich und die Aktivitäten nehmen zu. „Als Verband blicken wir positiv in die Zukunft – und es gibt politisch viel zu tun“, kommentiert der wiedergewählte politische Geschäftsführer Michael Schulze von Glaßer die Entwicklung der DFG-VK.
Um politisch Einfluss auf die deutsche Militärpolitik zu nehmen, befasste sich der Bundeskongress in Frankfurt mit dem Konzept „Sicherheit neu denken“, welches ein militärfreies Deutschland bis zum Jahr 2040 vorsieht: „Wir haben das aus Kirchenkreisen stammende Konzept kontrovers diskutiert, Anmerkungen gemacht und uns entschlossen weiter damit zu arbeiten“ so Thomas Carl Schwoerer vom BundessprecherInnenkreis der DFG-VK.
Ein weiterer inhaltliche Punkt war der Umgang mit der „Alternative für Deutschland“ (AfD): Dabei wurde eine klare Stellungnahme gegen Rassismus, Sexismus, Homophobie und andere Diskriminierung verabschiedet. Der 1892 gegründete Verband war bereits mehrfach von rechten Entwicklungen in Deutschland betroffen: Im Ersten Weltkrieg gab es Razzien gegen Mitglieder, in der Zeit des Nationalsozialismus wurde der Verband verboten und seine Mitglieder verfolgt und ermordet: „Wir setzen uns entschieden gegen den Rechtsruck ein“, macht Thomas Carl Schwoerer deutlich.
Für eine weitere Überraschung sorgte beim DFG-VK Bundeskongress dann noch die Wahl des Vorstands – BundessprecherInnenkreis genannt: Neben den bisherigen SprecherInnen Thomas Carl Schwoerer, Christoph Neeb, Torsten Schleip, Jürgen Grässlin und den beiden jungen Mitgliedern Kathi Müller (30) und Benno Malte Fuchs (31) wurden mit Katja Görgen (26), Marius Pletsch (29), Markus Hornberger (19) und Jan Sander (20) vier junge Menschen neu in das Gremium gewählt. „Dass die Delegierten den jungen Mitgliedern ihr Vertrauen ausgesprochen haben, gibt unserem Verband und unserem Engagement für Frieden und gegen Krieg und Militär Zukunft“, freut sich Michael Schulze von Glaßer (33).
Anhang: Abschlussresolution des 22. DFG-VK Bundeskongress
Diese Pressemitteilung gibt es hier als PDF.
Für Interviews oder bei Nachfragen nehmen Sie bitte jederzeit telefonisch unter 017623575236 oder per E-Mail unter svg@dfg-vk.de Kontakt auf!
Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen, Stuttgart 12. November 2019.
Abschlussresolution des 22. DFG-VK Bundeskongress
Die 100 Delegierten des 22. Bundeskongresses der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen vom 8. bis 10. November in Frankfurt am Main wenden sich gegen die Forderung von Bundesministerin Annegret Kramp-Karrenbauer, die Auslandseinsätze der Bundeswehr auszuweiten. Sie stellen fest, dass der seit 18 Jahren geführte „Krieg gegen den Terror“, der laut Edward Snowden mindestens eine Million Menschenleben gekostet hat, gescheitert ist. Er führt nur zu neuen Rekruten für den Terror, die sich für die zivilen Opfer rächen wollen, und Anschlägen auch in Europa. Gescheitert ist neben anderen der Krieg in Mali, den Frau Kramp-Karrenbauer verteidigt. Erforderlich ist dort stattdessen eine politische Lösung wie in Nordirland und wie in Kolumbien das Friedensabkommen, das 2016 von der kolumbianischen Regierung und der Guerillabewegung FARC verhandelt wurde.
Wir widersprechen Annegret Kramp-Karrenbauers Missverständnis von Sicherheit und Verantwortung als militärische Stärke und Intervention und lehnen deshalb den von ihr geforderten Einsatz der Bundeswehr im indo-pazifischen Raum ab. Dahinter steht aus unserer Sicht der Wille zur wirtschaftlichen und strategischen Machtausweitung.
Militär schafft keine Sicherheit, sondern ständig neue Unsicherheiten. Militär löst Konflikte nicht, sondern verschärft, verlängert und verlagert sie. Deshalb tritt die DFG-VK für die Abschaffung der Bundeswehr ein und dafür, dass Deutschland in Zusammenarbeit mit anderen Ländern seine Sicherheitspolitik schnellstmöglich auf zivile Instrumente umstellt. Entsprechend arbeitet die DFG-VK mit in der „Initiative Zivile Sicherheitspolitik“.
Wir rufen auf zur Teilnahme an den Demonstrationen gegen die öffentlichen Gelöbnisse der Bundeswehr am kommenden Dienstag, den 12.11.2019. Diese Demonstrationen wenden sich gegen die mit Gelöbnissen einhergehende Militarisierung der Gesellschaft und die maßlose Steigerung der Rüstungsausgaben. Weiter wenden wir uns gegen die Bundeswehr-Propaganda durch die Auftritte von Militärkapellen in der Öffentlichkeit.
Wir fordern von der Bundesregierung, den Mehrheitswillen der Bevölkerung endlich umzusetzen und dem bei den Vereinten Nationen beschlossenen Vertrag zum Verbot von Atomwaffen beizutreten sowie die „Nukleare Teilhabe“ zu beenden.
Wir erwarten, dass die Bundesregierung sofort Maßnahmen ergreift, um das stark gestiegene Risiko eines Atomkriegs unter Kontrolle zu bringen. Die DFG-VK setzt sich mit allen Mitteln für Aufklärung über Kriegsvorbereitungen, Meinungsmache und Feindbildaufbau ein.
Wir fordern die Bundesregierung auf, den über Ramstein laufenden US-Drohnenkrieg zu unterbinden, eine internationale Ächtung von Kampfdrohnen und Killerrobotern zu erwirken, sowie auf ihren Einsatz bzw. ihre Entwicklung zu verzichten. Alle Rüstungsexporte müssen unterbunden werden, schon weil sie weltweit Konflikte anheizen. Bei der bevorstehenden UN-Klimakonferenz müssen klimaschädigende Wirkungen des Militärs in die Beschlüsse aufgenommen werden.
Wir fordern die Bundesregierung auf, das völkerrechtliche Gewaltverbot und das grundgesetzliche Friedensgebot zu achten und dadurch Vertrauen zu schaffen und Verantwortung für Deutschland und die Welt zu übernehmen. NATO und EU aufzurüsten ist eine sicherheitspolitische Sackgasse. Wir erinnern an die bewährten Institutionen der kollektiven Sicherheit wie die Vereinten Nationen und die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, die der Stärkung und Weiterentwicklung bedürfen.
Es geht darum, ein Denken zu entwickeln, mit dessen Hilfe es möglich ist, „Frieden zu schaffen und das heißt Beziehungen zu ermöglichen, in denen Gewalt unwahrscheinlich wird, weil Kooperation gelingt“ (Hanne-Margret Birckenbach). Das entspräche der „Friedenslogik“, wie sie in der Friedensforschung und der Sozialwissenschaft entwickelt wurde.
Frankfurt am Main, den 10. November 2019