Reservist*innen sind tauglich gemustert, haben einen Kriegsdienst bei der Bundeswehr geleistet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet (ResG § 4). Die Wehrpflicht gilt für Reservist*innen im Spannungs- und Verteidigungsfalle allerdings nur bis Vollendung des 60. Lebensjahres.
Antragstellung
Wie ist der Antrag zu stellen?
Der Antrag sollte unbedingt folgenden Satz enthalten: „Hiermit verweigere ich nach Artikel 4 Absatz 3 des Grundgesetzes aus Gewissensgründen den Kriegsdienst mit der Waffe.“
Dem Antrag müssen folgende Dokumente beigelegt werden:
- ein tabellarischer Lebenslauf und
- eine schriftliche Darlegung der Gewissensgründe
Wo ist der Antrag zu stellen?
Der Antrag ist schriftlich oder zur Niederschrift beim für den Wohnort zuständigen Karrierecenter der Bundeswehr zu stellen. Das Karrierecenter bestätigt den Eingang des Antrages und leitet diesen an das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) weiter. Welches Karrierecenter für einen KDV-Antrag für den Wohnort zuständig ist, kann unter der Telefonnummer 0800 980 08 80 erfragt werden.
Hinweise
- Schriftverkehr mit der Bundeswehr oder dem BAFzA immer per Einschreiben mit Rückschein.
- Antrag möglichst erst abschicken, wenn Begründung und Lebenslauf fertig sind, damit es keine Ablehnung wegen Fristversäumnis gibt.
- Rechtsgrundlage für die Antragstellung ist der §2 KDVG. Herangezogen werden kann, wegen der Altersgrenze aber auch das Wehrpflichtgesetz (WPflG).
Begründung
Der Antrag auf KDV muss begründet werden. Dabei müssen die Gründe, die zur Kriegsdienstverweigerung geführt haben, als Gewissensentscheidung dargestellt werden. Es ist nicht entscheidend möglichst viel zu schreiben, sondern die Auseinandersetzung mit dem Gewissen eindeutig darzulegen.
Beispiele:
„Wenn ich Bilder über Kriegshandlungen im Fernsehen oder in den sozialen Medien sehe oder darüber lese und mir vorstelle, ich müsste mich daran beteiligen, dann käme ich in Gewissensnot. Ich kann es nicht mehr mit meinem Gewissen vereinbaren, mich an Kriegen zu beteiligen.“
„Wenn Soldat*innen über ihre Erfahrungen in Kriegseinsätzen berichten und ich mir vorstelle, ich müsste als Reservist*in diese Kriegshandlungen unterstützen, kann ich das nicht mit meinem Gewissen vereinbaren und würde in eine Gewissensnot geraten.“
Wenn es mehrere Beispiele gibt, sollten sie genannt werden, wichtig ist aber das entscheidende auslösende Moment für die Antragstellung. Dies kann etwa ein Erlebnis im Zusammenhang mit Leben oder Tod sein, die Geburt eines Kindes oder der Tod eines Angehörigen. Es muss der Zusammenhang zwischen dem auslösenden Ereignis und dem Reservedienst bei der Bundeswehr hergestellt werden.
Die Beispiele in der Begründung dürfen jedoch keine Zweifel an der Wahrheit der Angaben aufkommen lassen. Wenn Reservist*innen zum Beispiel darlegen würden, dass ihr Gewissen es ihnen bereits seit ihrer Jugend verbietet, Kriegsdienst an der Waffe zu leisten, kann das nicht den Tatsachen entsprechen, denn sie haben sich als Soldat*innen bei der Bundeswehr ausbilden lassen und Kriegsdienst an der Waffe geleistet.
Das Ereignis, das zur Gewissensentscheidung den Kriegsdienst zu verweigern zwingt, sollte höchstens einzelne Wochen vor der Antragstellung gewesen sein – sonst ist der Gewissenszwang nicht glaubhaft.
Tabellarischer Lebenslauf
- Dem Antrag ist ein tabellarischer Lebenslauf beizulegen. Der Lebenslauf sollte die wichtigsten Lebensdaten ohne größere zeitliche Lücken enthalten. Es sollten auch Ereignisse benannt werden, die zur Gewissensentscheidung geführt haben. Es dürfen keine Widersprüche zwischen Lebenslauf und Begründung entstehen.
- Der Antrag, seine Begründung und der Lebenslauf müssen mit Datum unterschrieben sein.
- Es ist sinnvoll die alle Unterlagen zusammen beim Karrierecenter einzureichen. Sie können auch per Einschreiben mit Rückschein verschickt werden. Bei persönlicher Abgabe sollte eine Bestätigung über die Abgabe eingefordert werden.
- Wenn zunächst nur der schriftliche Antrag gestellt wird und Begründung und Lebenslauf nachgereicht werden, müssen sie dem Karrierecenter innerhalb von vier Wochen nach Antragstellung vorliegen.
- Wer nicht möchte, dass die Bundeswehr über persönlichen Angaben im Lebenslauf oder die Beweggründe der Gewissensentscheidung Kenntnis bekommt, kann den Lebenslauf und die Antragsbegründung dem Antrag in einem verschlossenen Kuvert beilegen. Auf dem Briefumschlag sollte dann zu lesen sein, dass darin Lebenslauf und Begründung enthalten sind. Denn nur vollständige Anträge werden zur Entscheidung an das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben zur Entscheidung weitergeleitet.
Wann ist der Antrag zu stellen?
Reservist*innen müssen in der Begründung darstellen, was sie veranlasst, gerade jetzt ihre Kriegsdienstverweigerung zu beantragen. Denn schließlich haben sie in der Ausbildung bei der Bundeswehr bereits Dienst an der Waffe geleistet und hatten bisher auch als Reservist*innen kein schlechtes Gewissen, es auch weiterhin zu tun. Sinnvoll ist die Darstellung des auslösenden Erlebnisses, das die Gewissensentscheidung den Kriegsdienst mit der Waffe zu verweigern innerlich erzwingt. Eine Zuwiderhandlung würde nach KDV-Logik dem*der Kriegsdienstverweigerer*in in ernsthafte Gewissensnot bringen. Der Antrag sollte deshalb zeitnah nach dem angegebenen Ereignis gestellt werden.
Wenn ein aktueller Krieg oder ein persönliches Erlebnis mit dem Tod als letzter Anlass für die Verweigerung genannt wird, wäre daraus abzuleiten, dass jeder Krieg ein Verbrechen an der Menschheit ist und grundsätzlich auch jede Beteiligung an allen denkbaren Kriegen ausgeschlossen ist.
KDV-Verfahren beim Bundesamt
Das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben muss die Kriegsdienstverweigerung von Reservist*innen anerkennen, wenn:
- der Antrag mit Begründung und tabellarischem Lebenslauf vollständig ist
- und die dargelegten Gewissensgründe geeignet sind, das Recht auf Kriegsdienstverweigerung zu begründen
- und die Beweggründe den Tatsachen entsprechen und aus dem Lebenslauf oder bekannten Tatsachen keine Zweifel an der Wahrheit der Angaben abgeleitet werden können.
Das Bundesamt kann schriftliche Rückmeldungen geben, wenn es Zweifel an den genannten Gewissensgründen hat. Dann haben Antragssteller*innen vier Woche nach Erhalt des Schreibens Zeit, sich zu den Zweifeln des Bundesamtes schriftlich zu äußern und die Zweifel auszuräumen.
Bestehen seitens des Bundesamtes weiterhin Zweifel, kann es eine mündliche Befragung (Anhörung) anordnen. Diese Anhörung ist nicht öffentlich.
Lehnt das Bundesamt den Antrag ab, kann dagegen innerhalb von vier Wochen nach Ablehnung schriftlich Widerspruch eingelegt werden. Der Widerspruch ist zu begründen. Wird auch der Widerspruch abgelehnt, kann dagegen beim zuständigen Verwaltungsgericht geklagt werden.
Das unten stehende Grafik zeigt den Ablauf des KDV-Verfahrens beim Bundesamt.