Atomwaffenkritischer Aufruf zum Geheimnisverrat durfte nicht verboten werden

Mit deutlichen Worten stärkt das Verwaltungsgericht Koblenz das Grundrecht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit und erklärt das Verbot eines atomwaffenkritischen Flugblattes für rechtswidrig. Hintergrund der Entscheidung ist ein Flugblatt des Heidelberger Atomwaffengegners Hermann Theisen, womit dieser die Bundeswehrsoldaten des Atomwaffenlagers Büchel im vergangenen Jahr während einer angemeldeten Kundgebung aufgefordert hatte, die Öffentlichkeit über die geplante Modernisierung von Atomwaffen zu informieren. Die Kreisverwaltung Cochem-Zell verbot die Verteilung des Flugblattes, weil die Soldaten damit zum Geheimnisverrat aufgefordert worden seien (§ 111 StGB i.V.m. § 353b StGB).
Dieser Auffassung widerspricht nun das Verwaltungsgericht Koblenz überraschend deutlich und erklärt in seiner gestern veröffentlichen Entscheidung: „Das Verbot, das Flugblatt auf der angemeldeten Versammlung zu verteilen, stellt einen erheblichen Eingriff in die grundgesetzlich verbürgte Meinungs- und Versammlungsfreiheit des Klägers aus Art. 5 Abs. 1 und Art. 8 GG dar. Mit der Verteilung dieser Flugschrift wollte der Kläger augenscheinlich in Form eines plakativen Aufrufs an alle Bundeswehrsoldaten des Jagdbombergeschwaders 33 (Büchel) zum Geheimnisverrat darauf hinweisen, dass die Lagerung von Atomwaffen nach seiner Auffassung völkerrechtswidrig und verfassungswidrig ist. Das Verbot, diese Auffassung in der von ihm gewünschten Form öffentlich kund zu tun, beschränkt sein Recht, mit anderen Personen zur gemeinsamen öffentlichen Meinungsbildung in der von ihnen gewählten Art und Weise zusammenzukommen.“ (1 K 893/14.KO)