Johan Galtung zu Libyen und einer verpassten Chance
von Bettina Röder
http://www.publik-forum.de/archiv/das-geld-und-die-revolution
in Publik-Forum, Ausgabe 20/2011
Haben Sie gerade Pazifismus gesagt?“ Johan Galtung holt tief Luft. „Also, das ist eine Vokabel, die benutze ich nie“, erklärt der Gründervater der Friedens-und Konfliktforschung im Gespräch mit Publik-Forum. Und schiebt dann auch schnell die Begründung hinterher: Weil das „ein Etikett“ sei. „Viel wichtiger als Etiketten sind aber
die Methoden“, sagt er. „Die Methode ist die Konfliktlösung, doch die wenigsten kümmern sich darum.“ Galtung ist gerade in Istanbul, in wenigen Stunden reist er nach Kirgisien weiter. „Das Land steht am Rande eines Bürgerkrieges“, sagt er. Dort will er vermitteln. So, wie er das auch in Libyen versucht hat. Nur eben ohne Erfolg. Der Nato-Einsatz kam dazwischen. Zur Unterstützung des Aufstandes, wie es hieß. „Wenn man das glaubt, ist man einfach naiv. Es ging doch um ganz andere Sachen“, sagt der Norweger. Vor allem sei es um das Öl und viel Geld gegangen. Gaddafis Plan, eine staatliche Zentralbank für ganz Afrika einzuführen, sollte durchkreuzt werden. Dafür, so der Friedensforscher, habe man bereits seit November vergangenen Jahres
den Nato- Einsatz im März 2011 vorbereitet.
Libyen
Neue „Pazifismusdebatte“? – Libyen: Fataler Präzendenzfall für interessengeleitete Intervention
von Mani Stenner
http://www.friedenskooperative.de/ff/ff11/2-00.htm
in FriedensForum 2/2011
Der Krieg der „Koalition der Willigen“ gegen das Gaddafi-Regime zeigte schon kurz nach Beginn der Bombardements die Eskalationsgefahren, vor denen viele Stimmen nicht nur aus der Friedensbewegung gewarnt haben. Nach Übernahme der Mission zum „Schutz der Zivilbevölkerung“ nach Resolution 1973 des UN-Sicherheitsrates betont selbst NATO-Generalsekretär Rasmussen, dass eine militärische Lösung nicht möglich sei. Die Aufständischen sowie die vorangespreschten Regierungen von Frankreich und Großbritannien fordern derweil von der NATO mehr Bombardements gegen die Gaddafi-Truppen und auch US-Außenministerin Clinton macht kein Hehl daraus, dass das Ziel der Intervention ein Regierungswechsel in Tripolis ist.
Gelernt ist gelernt – Die Bundesrepublik und ihre Söldner
von Inge Höger und Paul Grasse
Im vergangenen Jahr erlebte das Thema deutscher Söldner eine kurze Konjunktur, als die Sicherheitsfirma Asgaard mit Sitz im münsterländischen Ahlen angeblich ihre Angestellten in einen Einsatz zum Schutz eines Warlords nach Somalia schicken wollte. Die Firma heißt nicht nur heidnisch, sie hat auch ein Wikingerschiff im Logo und begrüßt die Besucher ihrer Website mit den Klängen aus Star Wars. Asgaard beschäftigte ausnahmsweise sogar die Staatsanwaltschaft, die den § 109 des Strafgesetzbuches verletzt sah, der das „Anwerben für einen fremden Wehrdienst“ unters Strafe stellt. Zwar handelte es sich anscheinend um eine Angeberei der Geschäftsführung, dennoch hätten diese Affäre und Meldungen aus vergangenen Jahren, die Deutsche unter den Zehntausenden Söldnern im Irak vermuteten, die Bundesregierung zum Handeln motivieren sollen. Auch der Tod eines ehemaligen Bundeswehrsoldaten, der für eine US-Firma in Kunduz als Wachmann arbeitete, beirrte die Bundesregierung nicht in ihrer Haltung, dass die „bestehenden Vorschriften im EG-Sanktionsrecht, Gewerberecht und Außenwirtschaftsrecht ausreichen, Sicherheitsunternehmen mit militärischen Absichten zu begegnen[1]“. Bemerkenswerter Weise sind sich in dieser Hinsicht zumindest die Bundesregierungen vollkommen einig, ob nun SPD und die Grünen oder heute CDU/CSU und die FDP.
Libyen: Intervention im Namen des Volkes?
IMI-Analyse 2011/06 (update, 11.03.2011)
http://www.imi-online.de/2002.php?id=2258
von Jürgern Wagner
Mit großer Brutalität versuchen gegenwärtig die Truppen des Diktators Muammar al Gaddafi den Aufstand in Libyen niederzuschlagen. Auch wenn es zum gegenwärtigen Zeitpunkt (11. März 2011) unmöglich ist, verlässliche Prognosen über den weiteren Fortgang der Auseinandersetzungen zu treffen, eines lässt sich jetzt schon mit Sicherheit sagen: Diejenigen, die nun im Namen von „Demokratie“ und „Menschenrechten“ eine Flugverbotszone oder gar eine westliche Militärintervention fordern, machen sich – ob bewusst oder unbewusst – zu Handlangern derjenigen, denen es lediglich darum geht, die Geschicke des Landes in „geordnete“ – sprich: pro-westliche – Bahnen zu lenken.
»Bush und Obama müßten als erste auf Anklagebank«
Libyen-Krieg: Der Westen will nicht nur Öl und Rache. Er will auch Chinas Einfluß eindämmen. Ein Gespräch mit Johan Galtung
Interview: Mirko Knoche
Der Schuldige am libyschen Bürgerkrieg ist ausgemacht. Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hat Revolutionsführer Muammar Al-GHaddafi wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt. Finden Sie das gerechtfertigt?
Während die Ankläger und Richter vorwiegend aus dem Westen stammen, sind die meisten Angeklagten Afrikaner. Libyen war früher selbst eine Kolonie. Die Machtverhältnisse entsprechen also der alten Tradition. Damit verteidige ich Ghaddafi gar nicht. Es gibt aber ganz andere Kandidaten, die für ein Strafverfahren viel mehr in Frage kämen. Wenn man die Kriegsverbrechen in Rechnung stellt, die von den Invasoren im Irak und in Afghanistan begangen wurden, müßten Ex-US-Präsident George W. Bush und sein Nachfolger Barack Obama als erste auf der Anklagebank sitzen. Der Irak-Krieg hat schließlich über eine Million Menschenleben gekostet. Warum hat man überhaupt Libyen angegriffen und nicht etwa den Jemen oder Bahrain? Auch dort wurden und werden Zivilsten getötet. Da stimmen die Verhältnisse nicht. Deshalb haben sich fünf von 15 Staaten im UN-Sicherheitsrat bei der Libyen-Resolution der Stimme enthalten.
Europäischer Rüstungskonzern verdient am Krieg – In Libyen werden drei Seiten beliefert!
Der Bundessprecher der DFG-VK und Sprecher der Kampagne „Aktion Aufschrei: Stoppt den Waffenhandel!“, Jürgen Grässlin, nimmt die Hauptversammlung des europäischen Rüstungskonzerns EADS am 26. Mai 2011 in Amsterdam zum Anlass, um zu den Praktiken von Waffenlieferung in Kriegsgebiete an den Vorstand Fragen zu richten. Nachfolgend die Fragen zum Krieg in Libyen:
Fragen der Aktionär/innen Jürgen und Eva Grässlin zur Hauptversammlung der EADS N.V. am 26. Mai 2011 in Amsterdam
EADS als Kriegsprofiteur im Libyen-Krieg
Aufgrund der Lieferungen von EADS-Waffen an alle drei Konfliktparteien ist die EADS N.V. direkt und indirekt Kriegsprofiteur der gewaltsamen Auseinandersetzungen in Libyen. Wie eng die Geschäftsbeziehungen mit dem Regime von Muammar al-Gaddafi im Geschäftsjahr 2010 – einer Zeit schwerster Menschenrechtsverletzungen – gewesen sind, belegt eine Tatsache, dass EADS in der libyschen Hauptstadt Tripolis eigens eine Konzernrepräsentanz eingerichtet hat. Dem Waffenhandel mit dem diktatorischen Regime Gaddafi waren seitens der EADS damit Tür und Tor geöffnet.