Es ist „ein Skandal ohne Grenzen“, den die inzwischen schon mehr als 12 000 Unterzeichner der „Waldkircher Erklärung“ gegen Rüstungsexporte nicht länger hinnehmen wollen: Deutschland ist drittgrößter Waffenexporteur der Welt. Tendenz seit 2004: rapide steigend.
Von Sylvia Timm
WALDKIRCH. Als im vergangenen Juli auch in der Badischen Zeitung Zahlen aus dem damals vom schwedischen Friedensforschungsinstitut SIPRI herausgegebenen Rüstungsexportbericht für 2006 veröffentlicht wurden, sorgte das nicht nur in den deutschen Friedensgruppen und kirchlichen Kreisen für erheblichen Gesprächsstoff, sondern auch in der Waldkircher SPD. Laut SIPRI steigerte Deutschland den Export konventioneller Waffen von 1,5 Milliarden US-Dollar im Jahre 2005 auf 3,8 Milliarden im Jahr 2006 und wurde zum drittgrößten Waffenexporteur der Welt nach den USA und Russland.
In Gesprächen innerhalb der SPD-Ortsgruppe, unter anderem zwischen Prof. Wolfram Wette, der Stadtverbandsvorsitzenden Sabine Wölfle und dem Fraktionsvorsitzenden Armin Welteroth, wurden Überlegungen angestellt, was konkret dagegen getan werden könne. Zusammen mit Jürgen Grässlin, dem Bundessprecher der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK), wurde dann die Idee für die „Waldkircher Erklärung“ geboren.
Rüstungsexport
EADS vor Teilverstaatlich ung
Daimler-Offerte löst Skepsis aus
Der Autobauer will Anteile am europäischen Luft- und Raumfahrtkonzern EADS abgeben. Die Regierung ist einer heikle Lage: Einerseits will sie die Machtbalance bei EADS erhalten. Andererseits stößt die Teilverstaatlichung auf Vorbehalte.
Der Autobauer Daimler will die Hälfte seiner Beteiligung am europäischen Luft- und Raumfahrtkonzern EADS an die Bundesregierung abtreten, hieß es am Donnerstag in der Regierung. Denn ein privater deutscher Investor ist bisher nicht in Sicht. In Berlin stößt die von Daimler angestrebte Teilverstaatlichung allerdings auf Vorbehalte.
„Wir müssen weg kommen von den Verstaatlichungen, die in der Krise, aber nur in der Krise nötig waren“, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der Union, Michael Fuchs, der Frankfurter Rundschau. Aus seiner Sicht ist EADS wohl nicht die Ausnahme, die den Bruch mit den ordnungspolitischen Grundsätzen rechtfertige, betonte der CDU-Politiker.
Interview mit Rüstungsgegner: Waffenhandel wird weiter wachsen
Deutschland hat das Regime Mubarak jahrzehntelang hochgerüstet, sagt Jürgen Grässlin von der Deutschen Friedensgesellschaft (DFG-VK). Der Rüstungsgegner beklagt mangelhafte Kontrollen der Bundesregierung.
Ägypten hat 2009 mehr Waffen aus deutscher Produktion als jedes andere Entwicklungsland gekauft. Jetzt hat die Bundesregierung ihren Rüstungsexport nach Ägypten auf Eis gelegt. Zu spät?
Deutschland hat das menschenrechtsverletzende Regime Mubarak jahrzehntelang – etwa mit MP5-Maschinenpistolen von Heckler&Koch, Militärelektronik, gepanzerten Fahrzeugen und Panzerteilen – hochgerüstet und an der Macht gehalten. Alle Bundesregierungen der letzten Jahre tragen damit massiv Mitschuld an der Gewalteskalation in Ägypten.
Gibt es andere Problemkunden im arabisch-islamischen Raum?
Jenseits der rhetorischen Seifenblasen der Wahrung von Menschenrechten, Frieden und Freiheit beliefern deutsche Unternehmen weiter legal menschenrechtsverletzende Staaten im Mittleren und Nahen Osten sowie im Maghreb. Zu ihnen zählen Libyen, Saudi-Arabien, Israel, Oman und die Vereinigten Arabischen Emirate.
Rüstungsexportunterstützung
von Arno Neuber als: IMI-Standpunkt 2010/048
Im September 2009 haben die deutschen Rüstungskonzerne ein neues Lobbyinstrument geschaffen. Der „Bundesverband der deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV)“ soll Rüstungsinteressen bündeln und auf der politischen Ebene durchsetzen.
Am 28. September 2010 traf man sich mit zahlreichen Gästen aus Politik, Diplomatie, Wirtschaft, Wissenschaft und Medien zum ersten „Parlamentarischen Abend“.
Der Verbandsvorsitzende Fritz Lürßen pries in seiner Ansprache die deutsche Rüstungsindustrie, die „maßgeblich zu Sicherheit, Innovations- und Wirtschaftskraft sowie zur Beschäftigung in Deutschland beiträgt“. Damit liege das Wohl der Waffenproduzenten im „nationalen Interesse“. In Zeiten begrenzter Haushaltsmittel müsse man sich daher „innovativer Ansätze sowohl bezüglich der Beschaffung als auch der Finanzierung der Ausrüstung der Bundeswehr“ befleißigen.
Der Tod darf nicht länger ein Meister aus Südbaden bleiben!
Warum sich der DGB aktiv gegen Rüstungsexporte einsetzen und „Runde Tische zur Rüstungskonversion“ einberufen muss
Rede von DFG-VK Bundessprecher Jürgen Grässlin anlässlich der Kundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes zum 1. Mai 2010 in Freiburg*
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
zuallererst möchte ich mich beim DGB Südbaden für die Einladung bedanken, im Namen des Freiburger Friedensforums und des RüstungsInformationsBüros bei der heutigen Kundgebung zum 1. Mai einige Worte an euch richten zu dürfen. Ich selbst bin Mitglied des Schriftstellerverbandes von ver.di und Mitglied der GEW, Mitbegründer des Freiburger Friedensforums und Vorsitzender des RIB e.V., zudem Bundessprecher der größten deutschen Friedensorganisation, der Deutschen Friedensgesellschaft Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK).
Zurzeit leben wir wirtschafts- wie finanzpolitisch in einer bedrohlichen Zeit. Deutschland, selbst hoch verschuldet, stemmt sich gemeinsam mit anderen EU-Staaten gegen den Kollaps Griechenlands. Was jedoch kein Regierungspolitiker anspricht: Das monetäre Sponsoring mit deutschen Steuergeldern dient zu einem erheblichen Teil auch der Absicherung milliardenschwerer Waffengeschäfte.
Jürgen Grässlin:
Rüstungsgegner Jürgen Grässlin über heuchlerische Politiker, Amok laufende Prinzen und Deutschlands tödlichstes Unternehmen
Deutschland hat seine Rüstungsexporte in fünf Jahren verdoppelt. Die Meldung aus dem März hinterließ zwar bei vielen ein ungutes Gefühl, aber nur wenige brachte sie so in Rage wie Jürgen Grässlin. Er ist der Frontmann der Friedensbewegten, Deutschlands bekanntester Rüstungsgegner und Daimlers schärfster Widersacher. So schreiben die Zeitungen über Grässlin. Mit ihm sprach Marc Chmielewski.
Herr Grässlin, Sie führen seit vielen Jahren einen Feldzug gegen die Rüstungsindustrie. Warum?
Rüstungsexporte sind wegen ihrer riesigen Opferzahlen der schlimmste Auswuchs deutscher Außen- und Wirtschaftspolitik. Wir laden massiv Schuld auf uns. Das lässt sich in einer Gesellschaft mit unseren Werten nicht rechtfertigen.