von Roman Deckert
Im Sudan herrscht seit einem halben Jahrhundert Bürgerkrieg, nur von 1972 bis 1983 gab es einen fragilen Frieden. Zwei Kriege im Süden haben 2,5 Millionen Zivilisten das Leben gekostet, der seit langem schwelende Konflikt in der Westregion Darfur hat bis zu 300.000 Menschen den Tod gebracht. Trotzdem wurde der Vielvölkerstaat bis vor wenigen Jahren mit deutschem Kriegsgerät vollgepumpt. Wie kam es dazu?
Für die Strategen des „Kalten Krieges“ hatte der größte afrikanische Flächenstaat, der 1956 als zweites Land des Kontinents die Unabhängigkeit erlangte, hohe geostrategische Bedeutung. Dies vor allem als „Hinterhof“ Ägyptens, da der Nil auf seiner längsten Strecke durch den Sudan fließt. Vor diesem Hintergrund wurde die Bundesrepublik Deutschland bald ein Hauptpartner des sudanesischen Militärs und der Polizei- und Geheimdienste. Dokumente aus deutschen, britischen und amerikanischen Archiven beweisen, dass die Bonner Verantwortlichen dabei keineswegs als Handlanger der Alliierten agierten, sondern aus rein deutschlandpolitischen Motivenvollkommen eigenständig vorgingen. Die Aktivitäten waren so umfangreich, dass hier nur die wichtigsten Stationen skizziert werden können:
Bereits 1959, kurz nach dem Putsch der sudanesischen Militärs, errichtete die bundeseigene Firma Fritz-Werner (Geisenheim) bei Khartoum eine Munitionsfabrik für das NATO-Kaliber 7,62 mm.
Sudan
Die „kritische Hauptversammlung“ Rheinmetalls 2008 – Oder: Warum produziert der Sudan das MG3?
aus dem Kleinwaffen Newsletter
von Alexander Lurz
Die ordentliche Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft gibt den Aktionären einmal im Jahr das Recht, die Dividende zu beschließen, über die Unternehmensstrategie abzustimmen, den Vorstand und den Aufsichtsrat zu entlasten und: Fragen zu stellen. Am Dienstag, den 6. Mai, war es bei Rheinmetall wieder soweit. Der Vorstand der Düsseldorfer Rüstungsschmiede lud die Anteilseigner in das Hotel Maritim in der Berliner Stauffenbergstraße.
Auf den Weg dorthin machte sich auch Dorothea Kerschgens vom Dachverband der Kritischen Aktionäre. Ihre Fragen an den Vorstand sollten sich jedoch von denen der anderen Aktionäre unterscheiden. Sie fragte nicht nach der Entwicklung des Aktienkurses oder der Vergütung des Aufsichtsrates. Von dem Vorstandsvorsitzenden Klaus Eberhardt verlangte sie Auskünfte über Rüstungsexporte in Entwicklungsländer, den Stand der Klage von Apartheidsopfern in den USA gegen die Düsseldorfer und den Lizenzvergaben- und Einnahmen des MaschinengewehresMG3.
Der letzte Fragenkomplex hat einen pikanten Hintergrund. Der staatliche sudanesische Rüstungskonzern Military Industry Corporation (MIC) gibt seit einigen Monaten auf seiner Homepage () an, das MG3 unter dem Namen Karar zu produzieren.