Presseinfo der Kampagne gegen Wehrpflicht, Zwangsdienste und Militär:
Alexander Hense aus Neuenbürg bei Karlsruhe wurde heute vom Amtsgericht Pforzheim wegen Fahnenflucht die Auflage erteilt, 100 Stunden gemeinnützige Arbeit zu leisten. Gleichzeitig setzte das Gericht die Verhängung einer Jugendstrafe für ein Jahr aus.
Der zum Juli 2007 einberufene Wehrpflichtige trat, wie er zuvor der Einberufungsbehörde mitteilte, den Wehrdienst nicht an. Er wurde der Truppe durch Feldjäger der Bundeswehr zugeführt. In der Bundeswehr verweigerte er konsequent alle Befehle zur Dienstaufnahme. Nach zweimaligem Arrest mit einer Gesamtdauer von 25 Tagen wurde er Ende Juli aus der Bundeswehr entlassen.
Wehrpflicht
Peter Tobiassen: Das Verbot von Zwangs- und Pflichtdiensten – national und international
Die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht wird in dem in diesem Jahr zu wählenden Bundestag ein wichtiges Thema sein. Hochgehalten wird die Idee vor allem von denen, die – wie man so schön sagt – von keiner Sachkenntnis getrübt sind. Abzüglich Dienstausnahmen und Untaugliche müßten jedes Jahr mindestens 600.000 Dienstpflichtige als ungelernte und zum größten Teil unmotivierte Hilfsarbeiter im sozialen, Umwelt und Gesundheitsbereich untergebracht werden. Das bedeutet eine vielfache Belastung statt Entlastung für die Berufstätigen in diesen Bereichen. Mindestens 15 Milliarden Mark müßte der Bund aufwenden, um die Dienstpflichtigen in den Dienst zu bringen. Die Einführung einer Dienstpflicht hätte zur Folge
* die Verlängerung der Ausbildungszeit, die man gerade verkürzen möchte, und den späteren Berufseinstieg;
* die Erhöhung der Bundesausgaben in einer Zeit, in der Milliarden gespart werden müssen;
* die Abnahme der Attraktivität der Arbeit im sozialen und Gesundheitsbereich, in dem ausgebildete Kräfte dringend gesucht werden.
Wehrpflicht ohne Zukunft – in Zukunft ohne Wehrpflicht
Dieser Artikel von Peter Tobiassen und Stefan Philipp erschien als Titelgeschichte im DFG-VK-Magazin ZivilCourage, Nr. 2, März/April 2004
Peter Tobiassen ist Geschäftsführer der Zentralstelle KDV,
Stefan Philipp ist Chefredakteur der ZivilCourage.
Nicht mehr „ob“, sondern nur noch „wann“ die Wehrpflicht fällt, ist die Frage. Peter Struck hat bei der Vorstellung seiner neuesten Reformpläne für die Bundeswehr im Januar noch einmal ein klares Bekenntnis zur Wehrpflicht abgelegt. Aber: Die derzeit noch knapp 70.000 Wehrpflichtigen in seiner „neuen“ Bundeswehr werden aus den normalen Truppenteilen ausgegliedert und zu besondern Ausbildungseinheiten zusammengefasst. Militärisch spielen sie damit überhaupt keine Rolle mehr, sie kosten nur noch. Weil aber sogar für Militär und Kriegszwecke das Geld nicht einfach nur beliebig gedruckt werden kann, hat Struck sein Bekenntnis zur Wehrpflicht mit der Aussage verbunden, er habe keine Probleme damit, auch ohne sie auszukommen. Deshalb ist die offizielle Bundeswehrplanung so angelegt, dass spätestens zum Ende des Jahrzehnts auf die Wehrpflicht verzichtet werden kann. Spätestens.
DER SPIEGEL 40/1968: BUNDESWEHR / DIENSTVERWEIGERER – Unbeirrt durchhalten
In den Arrestzeilen der Bundeswehr gedeihen Märtyrer. Schon mehr als 100 Krieger wider Willen warten darauf, daß der Bataillonskommandeur oder sogar der Amtsrichter sie nach einer ersten Arreststrafe gleich ein zweites Mal einsperrt, wegen ein und desselben Delikts: der Befehlsverweigerung aus Gewissensgründen.
Die Hundertschaft besteht aus Staatsbürgern, die erst in Uniform Gewissens-Skrupel gegen den Dienst mit der Waffe verspürten und als Wehrdienstverweigerer um Entlassung einkamen. Solche späten Entschlüsse werden jetzt für die Verweigerer wie für die Bundeswehr immer mehr zum Problem.