17.01.2008
junge Welt: Ende eines Paktes
Anschlag auf Autobus. Colombo kündigt »Eliminierung« von Tigerchef Prabhakaran und den Sieg über die LTTE an
von Hilmar König, Neu-Delhi
Tagtäglich kommen Zivilisten bei der Offensive der Armee und Luftwaffe Sri Lankas (SLA) gegen von den tamilischen Rebellen kontrolliertes Gebiet im Norden ums Leben. Zugleich häufen sich in anderen Gebieten des Landes Attentate, denen ebenfalls Zivilisten zum Opfer fallen. Deren Urheberschaft wird seitens der Regierung dann in der Regel den Befreiungstigern von Tamil Eelam (LTTE) unterstellt. Das war auch am Mittwoch der Fall, als im Südosten in einem zwischen Buttala und Monaragala verkehrenden Bus ein Sprengsatz explodierte, der mindestens 20 Fahrgäste tötete und über 40 verletzte. Stellungnahmen der tamilischen Seite lagen am Mittwoch nicht vor.
Es war ein schreckliches Signal zum Ende des 2002 geschlossenen Waffenstillstandsabkommens. Vor zwei Wochen hatte die Regierung in Colombo verkündet, daß sie sich ab 16. Januar nicht mehr an den Pakt halten werde. Am Dienstag hatte die LTTE in einer Stellungnahme diese Entscheidung als »schockierend und enttäuschend« bezeichnet. Die Mitarbeiter der skandinavischen Sri Lanka Monitoring Mission, die in den vergangenen Jahren versucht hatte, einen Friedensprozeß in Gang zu bringen, packten nach dem Willen Colombos am Mittwoch ihre Sachen. Die Vermittlerrolle Norwegens endete mit der formellen Aufkündigung des Abkommens, das 2002 als Basis für eine Lösung des ethnisch-sozialen Konflikts angesehen, dann jedoch zunehmend gebrochen wurde. Seit anderthalb Jahren kam es vor allem seitens der SLA zu Angriffen auf die von der LTTE kontrollierten Gebiete.
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junge Welt: Tote bei Anschlag in Sri Lanka
Colombo. Wenige Stunden vor dem offiziellen Ende eines Waffenstillstands zwischen Regierung und tamilischen Rebellen sind am Mittwoch in Sri Lanka mindestens 24 Menschen bei einem Bombenanschlag ums Leben gekommen. Weitere 66 Menschen seien bei dem Angriff auf einen vollbesetzten Bus in der Nähe von Buttala im Südwesten verletzt worden, erklärte das srilankische Verteidigungsministerium am Mittwoch in Colombo. Unter den Opfern sind auch Schulkinder. Das Ministerium machte die Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) für den Anschlag verantwortlich. Am Mittwoch um Mitternacht endete ein 2002 ausgehandelter Waffenstillstand, der jedoch keine Gültigkeit mehr hatte. Der Sprengsatz enthielt nach Angaben des Verteidigungsministers neben Sprengstoff auch Metallkugeln. Überlebende Insassen des Busses, in dem mehrere Schulkinder saßen, seien zudem nach der Explosion von den Tätern beschossen worden. Die meisten der Toten sind Frauen. (AFP/jW)
Quelle:
07.01.2008
Neues Deutschland – Schwere Kämpfe in Sri Lanka – Keine Vermittlung nach Ende der Waffenruhe
Von Hilmar König, Delhi
Der Entscheidung der Regierung Sri Lankas, einseitig das Friedensabkommen aus dem Jahre 2002 mit den tamilischen Befreiungstigern (LTTE) offiziell zu kündigen, folgten am Sonnabend schwere Gefechte im Norden des Landes, bei denen laut Angaben des Militärs der Geheimdienstchef der Rebellen sowie 25 Guerilleros getötet wurden.
Die Mitglieder der skandinavischen »Sri Lanka Monitoring Mission«, die das 2002 unter Mitwirkung Norwegens geschlossene Waffenstillstandsabkommen überwachen sollten, haben am Wochenende begonnen, ihre Sachen zu packen. Sie müssen bis Mitte des Monats Sri Lanka verlassen haben. Dann legt Colombo den Pakt über den Waffenstillstand zu den Akten. Ein Aufschrei der Empörung begleitet diese Entscheidung. Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch und Minority Rights Group International befürchten eine drastische Zunahme von Verletzungen der Menschenrechte und eine generelle Eskalation von Gewalt. Jetzt sei es um so dringlicher, dass die UNO in Sri Lanka eine Überwachungsfunktion erhält, was Colombo bis dato energisch ablehnt. In einer gemeinsamen Erklärung verweisen die Außenminister Norwegens, Schwedens, Dänemarks, Finnlands und Islands darauf, dass die Monitoring Mission in den ersten drei Jahren ihres Bestehens immerhin rund 10 000 Menschenleben gerettet hat. Japan als eines der engagiertesten Geberländer bekundete ebenfalls »tiefe Besorgnis« über die jüngste Entwicklung.
Mitte voriger Woche hatte die Regierung von Präsident Mahinda Rajapakse den offiziellen Ausstieg verkündet, eine nicht überraschende Konsequenz aus der militärischen Offensive, die seit fast einem Jahr erst im Osten und jetzt im Norden Sri Lankas läuft. Sie ermutigt die Regierung, nun eine Lösung des 1983 offen ausgebrochenen ethnisch-sozialen Konflikts mit Waffengewalt zu erzwingen. 70 000 Menschen fielen dem Krieg inzwischen zum Opfer.
Am Freitag signalisierte der srilankische Außenminister Rohita Bogollagama, dass Colombo auch an der Vermittlung Norwegens kein Interesse mehr habe. »Neue Umstände« machten eine »neu definierte Rolle« für Oslo notwendig, meinte er. Das Waffenstillstandsabkommen sei von »Anfang an fehlerhaft« gewesen. Man werde weiter die »Geißel des Terrorismus« ausmerzen und gleichzeitig an einer »praktikablen und nachhaltigen politischen Lösung« arbeiten.
Den letzten Teil dieser Aussage bezweifeln inzwischen nicht nur die Rebellen, sondern auch viele Beobachter im Ausland. Als Rajapakse Ende 2005 an die Macht kam, ließ das Bemühen um eine Verhandlungslösung des Konflikts schlagartig nach. Auf beiden Seiten setzte man wieder auf kriegerische Mittel. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war das Waffenstillstandsabkommen bereits Makulatur und die Monitoring Mission verlor Schritt für Schritt ihre Autorität.
LTTE-Chef Velupillai Prabhakaran selber bezeichnete im November 2006 in seiner bisher letzten öffentlichen Rede illusionslos den Friedensprozess als Zeitverschwendung, obwohl ihm klar zu sein scheint, dass die Streitkräfte in den vergangenen zwölf Monaten der Guerilla in bisher noch nicht erlebtem Ausmaß zugesetzt haben. Mit dem Tod des Geheimdienstchefs »Oberst Charles« müssen die Befreiungstiger jetzt einen weiteren schmerzlicher Verlust verkraften. Ende vorigen Jahres war bereits bei einem Bombardement der srilankischen Luftwaffe der Leiter der politischen Abteilung der Rebellen, S.P. Tamilchelvan, ums Leben gekommen. Die einzige Antwort, zu der die LTTE noch in der Lage scheint, sind Selbstmordanschläge in Colombo und anderen Städten, bei denen meistens Zivilisten ums Leben kommen.