Plenarrede von Norman Paech zur KFOR-Mandatsverlängerung
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die Linke wird der Mandatsverlängerung nicht zustimmen,
(Beifall bei der LINKEN)
und zwar aus ganz einfachen Gründen: Die UN-Sicherheitsratsresolution 1244 von 1999 taugt nicht mehr als Rechtsgrundlage für eine Verlängerung des Bundeswehreinsatzes. Die Umstände haben sich mit der einseitigen Unabhängigkeitserklärung des Kosovo im Februar 2008 grundlegend und entscheidend verändert. Diese Unabhängigkeitserklärung war völkerrechtswidrig, ebenso die anschließende Anerkennung durch die Bundesregierung. Das haben Sie das ist das Interessante in der Debatte vor einem Jahr genauso gesehen, und das möchte ich Ihnen in Erinnerung rufen.
Die Bundesregierung, Herr Steinmeier, hat damals in ihrem Antrag auf Verlängerung des Mandats die Hoffnung ausgedrückt, „dass der VN-Sicherheitsrat seiner Aufgabe gerecht wird und möglichst bald eine neue Resolution verabschiedet, die die bisherige Resolution 1244 (1999) des VN-Sicherheitsrates ablöst und die Grundlage für die neue internationale Präsenz schafft“. Sie betonte damals, dass eine „derartige Folgeresolution …eine Neumandatierung des Bundeswehreinsatzes im Rahmen einer konstitutiven Befassung des Deutschen Bundestages notwendig machen wird“.
Kollege Polenz, erinnern Sie sich noch an das, was Sie in der Debatte am 21. Juni 2007 gesagt haben? Folgendes:
Die jetzige Rechtsgrundlage … ist die Sicherheitsratsresolution 1244. Es ist klar, dass bei einer Veränderung eine rechtzeitige neue Befassung des Bundestages erfolgen muss. Es ist genauso klar, dass der Bundeswehreinsatz in jedem Fall und zu jedem Zeitpunkt eine eindeutige rechtliche Grundlage haben muss.
Sie können doch jetzt nicht behaupten, dass diese rechtliche Grundlage noch gegeben ist.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))
Frau Kollegin Zapf, erinnern Sie sich noch an Ihre Worte am 21. Juni 2007? Sie sagten:
Ich finde allerdings, dass eine einseitige, unkonditionierte Anerkennung des Kosovo … über den Horizont des Denkens hinausgeht. Eine solche Anerkennung kann nicht infrage kommen.
Meine Frage an Sie: Hat sich Ihr Horizont jetzt erweitert?
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))
Zur FDP. Sie stellte in ihrem Entschließungsantrag damals ganz unmissverständlich Folgendes fest:
Innerhalb des Kosovo mehren sich die Stimmen, die eine einseitige Unabhängigkeitserklärung fordern. Völkerrechtlich wäre eine solche Erklärung ein Bruch der Resolution 1244.
(Zuruf von der Linken: Aha!)
… Mit dem Bruch der Resolution 1244 würden beide Institutionen KFOR wie UNMIK ihre Legitimitätsbasis verlieren. Sie, Kollege Stinner, wiederholten das in Ihrer Rede fast wörtlich.
Schließlich zu den Grünen. In ihrem Entschließungsantrag, aus dem ich zitiere, sagten sie: Grundlage dafür für die weitere Stationierung der Bundeswehr ist das Beharren auf einer neuen UN-Resolution, die Resolution 1244 ersetzt. Eine Unabhängigkeitserklärung der kosovarischen Regierung kann ebenfalls nur auf dieser Grundlage erfolgen. Sollte eine dieser Bedingungen oder beide nicht mehr erfüllt sein, wäre die völkerrechtliche Grundlage für das KFOR-Mandat und die UNMIK-Mission entfallen.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))
So haben Sie sich im Juni 2007 geäußert. All diesen Reden zum Trotz ist nach der Unabhängigkeitserklärung im Februar 2008 genau das Gegenteil geschehen: Die Bundesregierung hat weder ihre KFOR-Truppen zurückgerufen noch eine neue Resolution als Grundlage für die weitere Präsenz der Bundeswehr im Kosovo gefordert. Stattdessen hat sie den Bundestag schlichtweg übergangen, das Völkerrecht missachtet und das Kosovo anerkannt.
(Beifall bei der LINKEN)
Waren diese Ihre Worte eigentlich nur das Geschwätz vom vergangenen Jahr, das Sie heute nicht mehr kümmert?
Herr Kollege Polenz, Sie warnten vor einem Jahr, dass sich einseitige Schritte in Priština „wie der Funke an einem Pulverfass auswirken“ könnten. Was ist eigentlich mit den vielen anderen Pulverfässern dieser Welt,
(Beifall bei der LINKEN)
in Abchasien, Südossetien, bei den Basken, den Kurdinnen und Kurden, in Tibet? Wollen Sie bei der Lösung all dieser Konflikte nach Gutsherrenart, nach dem Prinzip der politischen Willkür verfahren? Ich sage Ihnen eines: Die Missachtung von Völkerrecht löst keine Probleme, sondern wird immer weitere Probleme schaffen.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))
Deswegen rate ich Ihnen: Kehren Sie zum Völkerrecht zurück, und holen Sie die deutschen Truppen aus dem Kosovo zurück!
Danke schön.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))http://www.norman-paech.de