IMI-Analyse 2008/001
Mit der geplanten Übernahme der Quick Reaction Forces verstrickt sich Deutschland immer tiefer in die Aufstandsbekämpfung am Hindukusch
von Jürgen Wagner
Während deutsche Politiker unermüdlich den Mythos aufrechterhalten, bei der in Afghanistan operierenden NATO-Truppe ISAF handele es sich um eine reine Friedens- und Stabilisierungsmission, wird immer deutlicher, dass die Entwicklung vor Ort sich in die genau entgegengesetzte Richtung bewegt. Denn bei dem ISAF-Einsatz, an dem gegenwärtig ca. 3.300 Bundeswehrsoldaten beteiligt sind (Stand 16. Januar), handelt es sich keineswegs um einen Entwicklungshilfeeinsatz, vielmehr verschiebt sich der Operationsschwerpunkt immer deutlicher in ein und dieselbe Richtung: Aufstandsbekämpfung!
Obwohl die Aufstandsbekämpfung schon lange ein zentrales Element der ISAF-Operationsführung ist[1], drängen die USA seit einiger Zeit massiv darauf, sich nahezu ausschließlich auf diese Aufgabe zu konzentrieren.[2] Inzwischen deutet alles darauf hin, dass auch die anderen NATO-Staaten – allen voran Deutschland – dem Ruf Washingtons folgen und so bewusst eine weitere Eskalation der ohnehin schon schweren Kampfhandlungen in Kauf nehmen. Ein wesentlicher Schritt in diese Richtung sind die sich mittlerweile konkretisierenden Absichten der Bundesregierung, die in Nordafghanistan operierende „Quick Reaction Force“ von den Norwegern zu übernehmen. Zwar wird offiziell betont, es sei noch nichts entschieden, da sich allerdings offensichtlich niemand vordrängelt, scheint die Entscheidung hierfür bereits gefallen, wie der Chef des Bundeswehrverbandes Bernhard Gertz betont: „Es bleibt uns gar nichts anderes übrig. Wir haben die Verantwortung für Nordafghanistan, und keiner der Partner hat sich beworben.“[3] Auch Rainer Arnold, der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, gibt an: „Diese Aufgabe wird im Sommer auf Deutschland zukommen.“[4]
Nach der Entscheidung zum Einsatz von Bundeswehrtornados im umkämpften Süden Anfang 2007 und der Beteiligung an umfangreichen Kampfhandlungen in Nordafghanistan unter deutschem Oberkommando im Herbst letzten Jahres, ist dies nun der dritte „Meilenstein“, mit dem sich Deutschland innerhalb nur eines Jahres immer tiefer in die Kriegsführung am Hindukusch verstrickt. Selbst SPD-Mann Arnold sieht in dem Bundeswehreinsatz eine „neue Qualität“; und in der Tat handelt es sich hierbei um eine Richtungsentscheidung, die auch für die geplante Neufassung des Afghanistan-Konzeptes zum nächsten NATO-Gipfel Anfang April 2008 in Bukarest erhebliche Auswirkungen haben dürfte. Zumal bis dahin auch das gesamte NATO-Besatzungs- und Aufstandsbekämpfungskonzept grundlegend überarbeitet und verfeinert werden soll. Nicht zuletzt können die NATO-Strategen dabei auf Vorarbeiten diverser Think Tanks zurückgreifen, die mit ihren Vorschlägen die Lunte ans Pulverfass Afghanistan legen.
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