Die Diskussion um die Rolle des Militärs und dessen Beitrag zu globalen Emissionen ist ein oft übersehener, aber entscheidender Aspekt bei internationalen Klimakonferenzen wie der COP29, die dieses Jahr in Baku stattfand, übrigens zum dritten Mal in einem autokratischen Ölstaat. Gerade bei den bisherigen UN-Klimakonferenzen hat sich gezeigt, dass das Thema „Militäremissionen“ weitgehend ausgeblendet wird, obwohl es eine bedeutsame Rolle in der Klimakrise spielt. Dies führt zu einer teils gravierenden Verzerrung der Diskussion, da die Emissionen, die durch militärische Operationen, Rüstung und Logistik entstehen, beträchtlich sind.
Hintergrund: Militäremissionen und ihre Größenordnung
Weltweit gehört das Militär zu den größten institutionellen Verbrauchern fossiler Brennstoffe. Schätzungen zufolge wären die Streitkräfte der USA allein – wenn sie ein Land wären – der weltweit 47.-größte Emittent von Treibhausgasen. Neben den direkten Emissionen, die durch den Betrieb von Fahrzeugen, Flugzeugen und Schiffen entstehen, tragen auch die Produktion von Rüstungsgütern und die Logistik rund um militärische Einsätze erheblich zur globalen Kohlenstoffbilanz bei. Auch die Umweltauswirkungen durch militärische Übungen und Konflikte selbst, wie etwa durch verbrannte Landschaften, chemische Kontaminierung und die Zerstörung der Infrastruktur, sind in der Gesamtbetrachtung relevant.
Ausgrenzung des Militärs aus der Klimapolitik
Bei den internationalen Klimaverhandlungen der Vereinten Nationen, wie den jährlichen COP-Treffen, sind Staaten nicht verpflichtet, Emissionen ihrer Streitkräfte offen zu legen. Dies ist ein Erbe des Kyoto-Protokolls, das 1997 geschlossen wurde und den Mitgliedsstaaten ausdrücklich erlaubte, militärische Emissionen auszuklammern. Diese Praxis wurde bis heute nicht revidiert, obwohl das Paris-Abkommen von 2015 theoretisch mehr Transparenz und einheitliche Berichterstattung für alle Sektoren fordert. Viele Länder, insbesondere die großen Militärnationen wie die USA, China und Russland, nehmen weiterhin von dieser Ausnahme Gebrauch.
Das Fehlen verpflichtender Emissionsberichte für das Militär führt dazu, dass die tatsächlich durch die Nationen verursachten Emissionen regelmäßig unterschätzt werden. In einem Zeitalter, in dem Transparenz und eine vollständige Emissionsbilanzierung für die Erreichung der Klimaziele entscheidend sind, stellt die Ausgrenzung des Militärs ein schwerwiegendes Hindernis dar. Für viele Umweltorganisationen und Wissenschaftler ist diese Lücke ein großes Problem, da die Dringlichkeit der Klimakrise verlangt, dass alle Emissionsquellen berücksichtigt und angegangen werden.

Gründe für die Ausgrenzung des Militärs
Die Hauptgründe, warum Militäremissionen aus den internationalen Klimagesprächen ausgeschlossen bleiben, liegen sowohl im Bereich der nationalen Sicherheit als auch im politischen Widerstand. Viele Regierungen argumentieren, dass die Offenlegung der militärischen Emissionen ihre strategischen Interessen gefährden könnte. Emissionsdaten könnten sensible Informationen über Truppenbewegungen, Ausrüstungen und Operationen verraten. Auch gibt es auf politischer Ebene großen Widerstand gegen zusätzliche Verpflichtungen für das Militär, da es sich um einen stark finanzierten und einflussreichen Sektor handelt, der oft eine Sonderstellung genießt.
Fehlende Diskussion bei der COP29
Auch auf der COP29 in Baku haben die Themen Militär und Krieg sowie deren klimapolitische Auswirkungen nur eine marginale Rolle gespielt, und zwar auf einer Nebenveranstaltung, bei der die Dekarbonisierungsansätze der slowenischen und norwegischen Streitkräfte vorgestellt wurden. Zwar gibt es Stimmen aus der Zivilgesellschaft, die auf die enormen Emissionen des Militärs hinweisen und eine stärkere Einbeziehung fordern, jedoch bleibt der politische Wille schwach. Die dominanten Diskussionen drehen sich vielmehr um „klassische“ Emittenten wie die Energieindustrie, Verkehr und Landwirtschaft, wohingegen das Militär als institutioneller Emittent eher verdrängt wird.
Kritische Stimmen und Forderungen
Zivilgesellschaftliche Organisationen und Umweltaktivisten drängen zunehmend darauf, dass die COP-Veranstaltungen den militärischen Sektor nicht länger außen vorlassen dürfen. Sie argumentieren, dass ohne die Einbeziehung aller Emissionsquellen, einschließlich der des Militärs, das Ziel, die globale Erderwärmung auf 1,5 Grad bzw. 2 Grad Celsius zu begrenzen, schwerlich erreicht werden kann. Die Nicht-Berücksichtigung des Militärs stellt daher ein grundlegendes Problem dar und behindert den Fortschritt.
Vorschläge von verschiedenen Organisationen beinhalten die Schaffung internationaler Vereinbarungen zur Berichterstattung über Militäremissionen, die Entwicklung emissionsarmer Technologien für das Militär und die Erhöhung der Transparenz. Auch Friedens- und Konfliktforschung weisen auf die Synergieeffekte hin, die entstehen könnten, wenn internationale Friedenssicherung und Klimaschutz stärker zusammen gedacht würden – beispielsweise durch Demilitarisierungsinitiativen, die sowohl Emissionen reduzieren als auch die Spannungen zwischen Nationen verringern könnten.
Fazit: Die Dringlichkeit einer vollständigen Emissionsbilanz
Die Klimakrise verlangt die Berücksichtigung aller Sektoren, und das Auslassen des Militärs untergräbt dieses Ziel. Solange die Militäremissionen nicht verpflichtend offengelegt werden, bleibt ein bedeutender Emissionssektor ausgeklammert, was die gesamte Klimabilanz verfälscht und die Dringlichkeit der Maßnahmen mindert. Auf der COP29 wurde dieses Thema erneut vernachlässigt, doch wächst der Druck der Zivilgesellschaft, diesen Bereich in die globale Klimapolitik zu integrieren.
Die kommende Zeit wird zeigen, ob und wie Regierungen sich dazu bewegen lassen, die Rolle des Militärs in der Klimakrise stärker in den Fokus zu rücken und Verantwortung zu übernehmen. Ein entscheidender Schritt wäre, dass sich die Staaten zumindest dazu verpflichten, ihre Militäremissionen regelmäßig und transparent zu berichten. Dies könnte der erste Schritt sein, um auch diesen Sektor in den Kampf gegen den Klimawandel einzubeziehen und die Klimaziele wirklich umfassend anzugehen.
Autor: Yannick Kiesel
Erschienen in ZivilCourage Ausgabe 1/2025