Viele deutsche Hochschulen sind mittlerweile fest in die deutsche Kriegspolitik eingebunden. Eine intensive Zusammenarbeit mit der Bundeswehr gibt es mittlerweile an 17 Unis. (Von Michael Schulze von Glaßer)
Die Kontakte zwischen der Universität Kassel und dem militärisch-industriellen Komplex sind eng. Mit den beiden großen Kasseler Rüstungsschmieden Krauss-Maffei Wegmann und Rheinmetall Defence bestehen Forschungskooperationen. Zudem bescheinigen die Jugendoffiziere der Bundeswehr in ihrem Jahresbericht 2007 eine »erfreulich intensive Kooperation« mit der Universität Kassel sowie mit 16 anderen deutschen Universitäten. Immer mehr Fachhochschulen und Universitäten seien für eine Zusammenarbeit mit der Bundeswehr bereit, konstatieren die Jugendoffiziere im aktuellen Bericht für das Jahr 2008. 137 Veranstaltungen mit weit über 3500 Studenten organisierten die Militärs im vergangenen Jahr an Universitäten.
Neben zahlreichen Vorträgen spielen die Jugendoffiziere mit den Hochschülern das Simulationsspiel »POL & IS – Politik und Internationale Sicherheit«. Bei dem zwei bis fünf Tage dauernden Spiel schlüpfen die jungen Teilnehmer in die Rollen von Staatschefs oder den Leitern wichtiger internationaler Institutionen und betreiben Weltpolitik – dafür stehen vor allem militärische Mittel zur Verfügung – sogar atomare und chemische Waffen. An der Internationalen Fachhochschule Karlsruhe bekommen die Studenten für die Teilnahme sogar Prüfungspunkte. Die durchschnittlich anfallenden Kosten von 2100 Euro je Simulation trägt das Verteidigungsministerium.
Dabei geht es der Bundeswehr vor allem um die Öffentlichkeits- und Image-Arbeit. Der Teilnehmerkreis der Armee-Veranstaltungen besteht in der Regel aus Lehramtsstudenten. Diese sollen schon früh für die Bundeswehr gewonnen werden, damit sie ihren Schülern bei der späteren Berufsausübung positiv über die Armee berichten und auch selbst Jugendoffiziere in ihren Schulunterricht einladen.
Neben Einzelveranstaltungen bietet die Bundeswehr auch einen ganzen Studiengang an einer zivilen Hochschule an: seit 2007 führt die Universität Potsdam gemeinsam mit dem Sozialwissenschaftlichen Institut der Bundeswehr den Master-Studiengang »Military Studies«. In vier Semestern könne man die Themenfelder »Militär, Krieg und organisierte Gewalt studieren«, wirbt die Hochschule auf ihrer Website. Die Armee verspricht sich von der Kooperation neue Militärsoziologen und Historiker. Die Grundlage für den Studiengang ist eine »Vereinbarung über Zusammenarbeit und Kooperation«, die bereits im Oktober 2004 zwischen der Armee und der Universität Potsdam geschlossen wurde.
Die Kooperation von Rüstungsfirmen mit Hochschulen zielt besonders auf technisches Wissen ab. Beispielsweise ist das Institut für Angewandte Festkörperphysik in Freiburg an der Entwicklung des neuen Bundeswehr-Transportflugzeugs Airbus A400M beteiligt. Die Universität Stuttgart unterhält seit April 2009 ein Partnerschaftsabkommen mit dem Unternehmen Eurocopter, einer Tochter von EADS, das neben zivilen auch Militärhubschrauber produziert. Ziel ist die Entwicklung neuer Rotorblätter und Hubschrauberstrukturen. Allein 2008 gab die Bundesregierung 1,1 Milliarde Euro für die Rüstungsforschung aus. 27 Hochschulen beteiligen sich an der bundeswehrrelevanten und wehrtechnischen Forschung.