Den Hindukusch in Deutschland verteidigen – Veranstaltung zu antimilitaristische Strategien
Ein Gespräch mit Nora Weitling, Sprecherin des Bündnisses gegen Militarisierung und Krieg mit der jungen Welt vom 06.03.2008
Sie planen am 9. März eine Veranstaltung zum Thema »Deutschland führt Krieg – Sabotage ist notwendig«. Worum soll es konkret gehen?
Die Tatsache, daß Deutschland seit fast zehn Jahren mit steigendem Ausmaß Krieg führt und in allen gesellschaftlichen Kernbereichen eine Militarisierung vorangetrieben wird, ist im Grunde in der Öffentlichkeit nicht präsent. Mit unserer Veranstaltung wollen wir diese innere und äußere Kriegsausrichtung sichtbar machen und auf die sich schon längst real vollziehenden Veränderungen hinweisen, welche die gesamte Gesellschaft kriegskompatibel machen sollen. Außerdem wollen wir mit einem Multimediavortrag über beispielhafte Widerstandsaktionen seit der Wiederbewaffnung nach dem Zweiten Weltkrieg berichten und inspirieren.
Eine inhaltlich ähnlich gelagerte Veranstaltung, die Ende Februar in Berlin stattfand, animierte die CDU, im Abgeordnetenhaus deren Verbot zu fordern. Rechnen Sie mit staatlichen Repressionsmaßnahmen?
Deutschland führt völkerrechtswidrige Kriege, sie sind grundgesetzwidrig, sie steuern die Gesellschaft in eine destruktive Zukunft. Wir erleben eine Wiederholung der unsäglichen deutschen Geschichte, die zwei Weltkriege zu verantworten hat. Wir müssen Widerstand dagegen entwickeln, und diese Veranstaltungen sind ein Teil davon. Wie bei allen linken Veranstaltungen wird der Staatsschutz zur Überwachung und Erfassung dabei sein. Wir können uns nicht von eventuellen Repressalien abschrecken lassen.
An Kriegsgerät durchgeführte Sabotageakte stoßen in der Öffentlichkeit nur selten auf Zustimmung, während bezüglich der Opfer verbrecherischer Aktionen des Kommandos Spezialkräfte der Bundeswehr in der Öffentlichkeit geschwiegen wird. Wie erklären Sie sich das?
Uns ist kein Aufschrei gegen Sabotageakte aus der Bevölkerung bekannt. Soweit wir wissen, lehnen 84 Prozent die Kriegspolitik der BRD ab. Daß in den bürgerlichen Medien einerseits Kriegsverbrechen bewußt verschwiegen, aber andererseits zerstörte Bundeswehrfahrzeuge als Terrorismus bezeichnet werden, ist Teil ihrer Kriegspropaganda.
Teile der radikalen Linken haben sich beim Thema Krieg und Frieden in der Vergangenheit oft vornehm zurückgehalten. Steht dieses Thema, aber auch die soziale Frage, bei der radikalen Linken zunehmend wieder auf der politischen Tagesordnung steht?
Es ist doch eher das Problem, daß große Teile der radikalen Linken, ganz ähnlich wie die reformistische Linke, die Themen Krieg und Frieden und die soziale Frage nicht in Zusammenhang bringen und keine widerständische Praxis entwickeln. Was ja auch nicht einfach ist. Und hier gibt es jetzt spürbare Bewegung.
Sie haben in Ihrer Veranstaltungsankündigung die Parole »Den Hindukusch in Deutschland verteidigen« ausgegeben. Wie könnten Verteidigungsmaßnahmen aussehen?
Wenn der ehemalige Kriegsminister Struck den Krieg in Afghanistan damit begründet, daß »Deutschland am Hindukusch verteidigt« werden muß, dann müssen wir der Kriegsarmee mit vielfältigem Widerstand in den Rücken fallen und »den Hindukusch in Deutschland verteidigen«. Der »Hindukusch« ist eine Metapher für alle, die sich gegen die kriegerische kapitalistische Ausbeutung und Ausplünderung wehren. Bei Verteidigungsmaßnahmen geht es um alle Formen von Widerstand, die den Krieg behindern. Angefangen von der Aufklärung –wovon diese Veranstaltung ein Teil ist – über Demonstrationen, zivilen Ungehorsam bis hin zur Sabotage an Kriegsgerät. Die Kriege sind illegal, wie kann der Widerstand – auch der militante – dagegen kriminell sein?
»Deutschland führt Krieg – Sabotage ist notwendig«, 9. März, 18 Uhr, Kulturzentrum Kato, U-Bahnhof Schlesisches Tor, Berlin-Kreuzberg