# Der Wille der Bundesregierung zum Kauf von Kampf-Drohnen ist offenkundig. Ihre Einführung würde für Deutschland die Verfolgung einer völlig neuartigen militärischen Strategie bedeuten – die Fähigkeit zu gezielten Tötungen! Bislang führt die Bundeswehr ausschließlich Drohnen, die nicht bewaffnet sind.
Zur Beschaffung von bewaffneten Drohnen gibt es für die Bundesregierung im Wesentlichen drei Optionen:
(1) Die Umrüstung der israelischen Heron 1 in die waffenfähige Heron TP mit einer Tragefähigkeit von etwa 100 kg Waffenlast. Cassidian, die Rüstungssparte von EADS, gab im Februar 2013 an, dass der Umbau technisch in sechs bis zwölf Monaten möglich sei.
(2) Die Einführung der Predator („Raubtier“, Nutzlast von 200 kg = ca. zwei jeweils 46 kg schwere „Hellfire“-Raketen) oder des Nachfolgers, der Reaper („Sensenmann“, Nutzlast von 1,4 Tonnen an Waffen), aus den USA.
(3) Die letzte Möglichkeit ist eine europäische Lösung: eine noch zu entwickelnde Kampf-Drohne aus der Produktion von EADS, die derzeit unter der Bezeichnung Talarion bekannt ist, allerdings frühestens ab 2020 einsatzreif wäre. Wegen der späteren Verfügbarkeit der letzteren Variante und aufgrund der geringen Waffentragefähigkeit der Heron TP, die nur als „Zwischenlösung“ gehandelt wird, gilt die Festlegung auf eine der beiden US-Modelle als wahrscheinlich.
# Die Befürworter der Anschaffung von Kampf-Drohnen behaupten hauptsächlich Folgendes: Drohnen seien kostengünstiger als bemannte Flugzeuge, sie seien militärisch effektiv, sie würden mit ihren Präzisionsschlägen zivile Opfer weitestgehend vermeiden, sie dienten dem Schutz der eigenen Soldaten und Drohnen seien ethisch neutrale Waffen. Diese Behauptungen sind der blanke Unsinn!
– Finanziell gesehen werden Äpfel mit Birnen verglichen. Drohnen können laut den bekannten Strategieplanungen bemannte Kampfflugzeuge nicht ersetzen. Ihre Anschaffung ist also ein zusätzlicher Kostenfaktor. Jedoch haben sie eine Fähigkeit, die bemannten Flugzeugen fehlt und die sie in den Augen von Militärplanern so begehrenswert machen: In asymmetrischen Konflikten können Drohnen über lange Zeiträume hinweg Einzelpersonen oder Kleingruppen identifizieren, verfolgen und töten.
Drohnen sind gegen staatliche Armeen mit einer funktionierenden Luftverteidigung wirkungslos, nur gegen Individuen und Kleingruppen können sie effektiv eingesetzt werden. Zudem liegen die Preise für Beschaffung und Unterhalt wesentlich höher als häufig bekannt gemacht.
– Eine militärische „Effektivität“ durch den Einsatz von Kampf-Drohnen kann ebenso nicht festgestellt werden. Seit 2009 flogen das US-Militär und die britische Armee in Afghanistan nach eigenen Angaben beinahe 1.500 Drohnen-Angriffe. Die Taliban sind aber nicht besiegt, eher stärker als jemals zuvor. Dies liege nach Untersuchungen auch daran, dass die gezielten Tötungen zu erheblichen Ressentiments in der afghanischen Bevölkerung gegen die US-Politik führen und der Zulauf von Kämpfern und Unterstützern der Taliban dadurch verstärkt werde. Gemessen an den Ankündigungen der US-Regierung, Kampf-Drohnen wirkten im Kampf gegen die Taliban effektiv und abschreckend, sind sie am Ende militärisch kontraproduktiv.
– Nach der Darstellung der Drohnen-Befürworter handle es sich dabei um Waffen von höchster chirurgischer Präzision, die zivile Opfer vermeiden würde. Mehrere umfangreiche Studien von US-Universitäten und von Human Rights Watch belegen das Gegenteil. Je nach Quelle sind durch Drohnen in Pakistan mehrere Tausend Menschen getötet oder verwundet worden. Hunderte davon seien eindeutig Zivilisten gewesen, darunter knapp 200 Kinder. Nach der New America Foundation seien nur zwei Prozent der Getöteten dem Führungspersonal von Al-Quaida zuzuordnen. Zudem leide die Bevölkerung unter psychologischen Traumata angesichts der ständigen Bedrohung aus der Luft. Die Drohne als präzise und Zivilisten schonende Waffe ist ein Mythos.
– Eine weitere Behauptung ist, dass Drohnen dem Schutz der eigenen Soldaten im Einsatz dienen würden. Auf die Frage, wie oft deutsche Truppen im Auslandseinsatz Unterstützung von bewaffneten Drohnen von Verbündeten erhielten, nannte die Bundesregierung genau zwei Fälle in Afghanistan. In beiden Fällen wäre auch der Einsatz der bemannten Luftunterstützung möglich gewesen. Es waren auch keine Leben von deutschen Soldaten gefährdet (vgl. Plenar-Protokoll 17/219, 31.01.2013, S. 27114). Demzufolge ist der angebliche Schutz eigener Soldaten ein Schein-Argument ohne realen Bezug. Vielmehr scheinen Kampf-Drohnen für Offensiv-Aktionen und militärische Zugriffsoperation gedacht zu sein. Eine solche Verwendung lässt sich aber der Öffentlichkeit ungleich schwerer verkaufen. Zudem sind sich nationale wie internationale Experten in ihrer Bewertung nahezu einig, dass sich die Hemmschwelle bei politischen Entscheidungsträgern zur Autorisierung der Anwendung tödlicher Gewalt erheblich senken würde und die Bereitschaft der Drohnen-Operateure, Raketen abzuschießen, angesichts der völligen Risikolosigkeit für ihr eigenes Leben deutlich zunehmen würde.
– Des Weiteren sieht de Maizière Kampf-Drohnen als ethisch neutrale Waffen an. Nach dieser Aussage könnten dann auch atomare, biologische und chemische Waffen oder Streubomben ebenso ethisch neutral sein? Keinesfalls! Nach Artikel 36 des Zusatzprotokolls I zu den Genfer Abkommen ist Deutschland verpflichtet, bei Einführung neuer Waffen oder neuer Mittel und Methoden der Kriegsführung festzustellen, ob ihre Verwendung durch das Völkerrecht verboten wäre. Der Arbeitsbericht des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag vom Mai 2011 (S. 18) kommt zu dem Ergebnis, dass die Einführung von bewaffneten Drohnen den Prinzipien des humanitären Völkerrechts zwar „nicht per se“ entgegenstehe, empfiehlt aber einen „nationalen Überprüfungsprozess“ auf Grundlage der Genfer Abkommen und sieht wegen des Trends zur Depersonalisierung und Automatisierung auf dem Schlachtfeld „dringliche ethische Fragen“ aufgeworfen. Es ist bislang keine Absicht der Bundesregierung erkennbar, dieser Verpflichtung nachzukommen. Eine Studie der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin kommt zu folgender Handlungsempfehlung für die Bundesregierung: „Aufgrund der völkerrechtlichen, ethischen und politischen Probleme, mit denen das amerikanische Modell des ,targeted killing‘ behaftet ist, sollte Deutschland so weit wie möglich Distanz zur amerikanischen Praxis wahren.“
# Derzeit scheint die Politik dahin zu tendieren, die Anschaffung von Kampf-Drohnen zu beschließen und angesichts der Vorbehalte im Bundestag und in der Öffentlichkeit Einsatzregeln quasi als „Beruhigungspille“ zu formulieren, mit denen eine völker- rechtskonforme Verwendung suggeriert werden soll. Mit der Überschrift „Drohnen sind Terror“ in seinem Gastbeitrag in der Süddeutschen Zeitung drückte der Strafrechtsprofessor Kai Ambos seine tiefe Besorgnis zur Anschaffung von bewaffneten Drohnen durch Deutschland angesichts der bekannten Folgen durch die Droheneinsätze der USA aus. Gezielte Tötungen sind evident menschenrechtswidrig und somit eine Völkerrechtskonformität schlicht eine Illusion. Drohnen-Einsätze stehen nach einem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages (WD – 3000 – 118/12, S. 15 f.) unter einer parlamentarischen Zustimmungspflicht. Eine effektive Kontrolle von Drohnen-Einsätzen durch das Parlament ist mit Hinweis auf die Erfahrungen mit den Operationen des Kommandos Spezialkräfte (KSK) kaum zu erwarten. Deshalb kann vor solchen Entwicklungen nur dringend gewarnt werden.
Die
http://www.imi-online
Tübinger Informationsstelle Militarisierung IMI
stellt im Internet zum Thema Drohnen-Krieg zum Herunterladen PDF-Dokumente mit „Frequently Asked Questions“ zur Verfügung. Der hier abgedruckte Text ist das FAQ4 vom 20. März. ( > Weiterlesen > Fakten-Check)
https://www.dfg-vk.de/thematisches/drohnenkriege/2012/847
Als Material empfehlen wir das Fact-Sheet: Drohnen-Kriege der Informationsstelle Militarisierung und der DFG-VK
Aktuelle Informationen auch bei der von der DFG-VK unterstützten Drohnen-Kampagne der Antikriegs- und FRiedensbewegung unter http://www.drohnen.dfg-vk.de