(In einem Gespräch stellte DFG-VK-Bundessprecher Jürgen Grässlin die Gefahr von Kleinwaffen dar.)
In New York tagt eine UN-Konferenz, die den Handel mit Kleinwaffen besser kontrollieren will. NGOs fordern ein weltweites Waffenhandelsabkommen, das Rüstungsexporte generell beschränkt.
Weltweit sollen 875 Millionen Schusswaffen in Umlauf sein, schätzt das Projekt „Small Arms Survey“ in Genf. „Kleinwaffen sind klein, handlich, billig, gut zu verbreiten. Mit Kleinwaffen wird in Masse gemordet“, sagt Rüstungsexperte Jürgen Grässlin. 90 Prozent aller Todesopfer in Kriegen gehen heute auf das Konto dieser Waffen.
Vereint gegen Kleinwaffen
Um dem entgegenzuwirken, werben die Vereinten Nationen seit einigen Jahren dafür, den illegalen Handel mit Pistolen, Gewehren, Minen- und leichten Raketenwerfern zu bekämpfen. Im Jahr 2001 tagte erstmals eine UN-Kleinwaffenkonferenz. Seitdem wurden einige Vorschläge entwickelt: Zum Beispiel raten die Vereinten Nationen, Waffen bei der Herstellung so zu markieren, dass man sie später identifizieren kann. Alle zwei Jahre werden die Arbeitsergebnisse auf Konferenzen überprüft. Die dritte tagt vier Tage bis Donnerstag (18.07.2008) in New York.
Das Problem ist nur: Die Vorschläge der UN-Kleinwaffenkonferenz sind nicht verbindlich. Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und viele Staaten haben sich deshalb vor zwei Jahren auf der zweiten Überprüfungskonferenz für ein Waffenhandelsabkommen stark gemacht. Darin sollte verbindlich festgelegt werden, unter welchen Bedingungen Waffen nicht exportiert werden dürfen: etwa in Kriegsgebiete oder wenn mit ihnen voraussichtlich Menschenrechte verletzt werden. Die USA waren jedoch dagegen, die Konferenz wäre beinahe geplatzt.
Waffenhändler als Friedensstifter
Panzer rollt über Gewehre (Quelle: ap)Bildunterschrift: Großansicht des Bildes mit der Bildunterschrift: In Bosnien zerstörte die Bundeswehr eingesammelte Waffen
Jürgen Grässlin hat seine Zweifel, ob die UN-Kleinwaffenkonferenz wirklich zum Erfolg führt. Eine Regulierung des Waffenhandels hält er zwar für sinnvoll. Er gibt aber zu bedenken: „Wir schätzen, dass rund drei Viertel dieser Kleinwaffenexporte legal sind und nur ein Viertel illegal.“ Das Problem liegt seiner Ansicht nach tiefer: „In Deutschland, den USA, Russland und China leben ganze Industrien davon, dass wir Kleinwaffen produzieren. Das kann man nicht nur regulieren, da muss man an die Produktion heran.“
Dabei ist gerade Deutschland aktiv an den UN-Verhandlungen zur Kontrolle der Kleinwaffen beteiligt. Schließlich müssen Bundeswehrsoldaten bei Auslandseinsätzen auch gegen solche Waffen kämpfen, argumentiert die Bundesregierung. Gleichzeitig war Deutschland 2003 einer Studie zufolge aber der weltweit viertgrößte Exporteur von Kleinwaffen. „Die Industriestaaten sind für 85 Prozent der Rüstungsproduktion verantwortlich“, sagt Fabian Sieber vom Rüstungsinformationsbüro Freiburg. „Sie könnten den Handel beschränken, wenn sie wollten.“
Waffen werden wieder eingesammelt
Gewehre der Oberndorfer Firma Heckler & Koch etwa kamen nach Einschätzung von Jürgen Grässlin in den letzten Jahrzehnten durch Direktexporte und Lizenzvergaben „in nahezu jedem Krieg und Bürgerkrieg“ zum Einsatz. „Durch in Deutschland entwickelte Kleinwaffen sind bis zum heutigen Tage etwa 1,5 Millionen Menschen umgekommen“, schätzt Grässlin. Wenn die Bundesregierung sich jetzt gegen Kleinwaffen engagiere, würden also die „eigenen Gewehre wieder eingesammelt, die vorher exportiert wurden“.
Dirk Eckert
Quelle: http://www.dw-world.de/dw/article/0,2144,3483234,00.htmlhttp://www.juergengraesslin.com