Connection e.V. startet online-Faxaktion
Am vergangenen Donnerstag wurde erneut ein Kriegsdienstverweigerer in der Türkei inhaftiert. Nachdem am 16. März 2008 der Deserteur Ismail Saygi festgenommen worden war, wurde nun Halil Savda verhaftet. Seine Verhaftung erfolgte während einer Protestaktion, bei der sich Halil Savda für Ismail Saygi einsetzte: „Ismail Saygi, der sein Leben unter der ständigen Situation des zivilen Todes führen musste, wie alle anderen Kriegsdienstverweigerer in der Türkei, wird nun in einen Teufelskreislauf gezwungen zwischen Rekrutierungsbüro, Einheit, Militärgericht und Militärgefängnis.“ Gegenüber den Militärbehörden betonte Halil Savda: „Ihr könnt nicht den Glauben und die Überzeugung mit Befehlen, Hierarchie und militärischen Methoden brechen.“
Anlässlich der Verhaftungen von türkischen Kriegsdienstverweigerern ruft Connection e.V. zu Protestschreiben gegenüber den türkischen Militärbehörden auf. Heute startet eine online-Faxaktion, mit der die Anerkennung der Kriegsdienstverweigerung und die sofortige Freilassung von Halil Savda und Ismail Saygi gefordert wird.
Die Türkei erkennt das Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung nicht an. Verweigerer wurden bis zu sieben Mal verurteilt. Zudem werden öffentliche Äußerungen gegen das Militär unter Strafe gestellt. Etwa 50 Wehrpflichtige haben bislang öffentlich ihre Kriegsdienstverweigerung erklärt. Zudem entziehen sich in der Türkei Zehntausende der Ableistung des Militärdienstes.
Zu den Personen
Der 21-jährige Ismail Saygi war am 16. März 2008 in Istanbul festgenommen worden. Er war nach sieben Monaten anlässlich eines Heimaturlaubs nicht mehr zur Armee zurückgekehrt und damit desertiert. Am 15. November 2006 erklärte er in den Räumen des Menschenrechtsvereins Istanbul seine Kriegsdienstverweigerung: „In den sieben Monaten, in denen ich im Militär war verstand ich, dass die Ideologie der Gewalt, von Sterben und Töten, meiner Art und meinem Verständnis zu leben widerspricht. Als Soldat verlor ich die Achtung vor mir selber und anderen Menschen. Meine Psyche litt zunehmend darunter. Deshalb habe ich beschlossen, dass es keine Verbindung mehr zwischen mir und allen Institutionen, die Gewalt beinhalten, geben soll.“ Er wurde inzwischen in das Militärgefängnis in Sarikamis überstellt, wo eine Anklage wegen Desertion vorliegt und ihm eine erneute Einberufung zum Militär droht.
Die Solidaritätsinitiative Ismail Saygi befürchtet, dass er wie andere Kriegsdienstverweigerer vor ihm „im Militärgefängnis willkürlichen Schikanen, Einschränkungen, Disziplinarstrafen und Folter ausgesetzt sein wird“.
Halil Savda war im März 2007 vom Militärgericht in Corlu zu insgesamt einem Jahr und dreieinhalb Monaten wegen Desertion und Ungehorsam verurteilt worden. Wenig später erfolgte eine zweite Verurteilung zu sechs Monaten wegen Befehlsverweigerung. Die zweite Haftstrafe von sechs Monaten hat Halil Savda bereits verbüßt. Da er gegen das erste Urteil in Berufung ging, wurde er im Juli 2007 freigelassen, aber zugleich erneut zum Militärdienst einberufen. Dieser Aufforderung kam er nicht nach. Kurz vor seiner Verhaftung wurde die erste Haftstrafe von einem Jahr und dreieinhalb Monaten vom Berufungsgericht bestätigt. Damit muss er jetzt diese Strafe verbüßen. Ihm droht wegen der Nichtbefolgung der Einberufung weitere Strafverfolgung.
Mit der Verfolgung der Kriegsdienstverweigerer verstößt die Türkei gegen ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 24. Januar 2006. Darin hatte das Gericht festgestellt, dass wiederholte Anklagen gegen Kriegsdienstverweigerer in Verbindung mit der Möglichkeit einer lebenslangen Strafverfolgung „im Missverhältnis zu dem Ziel stehen, die Ableistung des Militärdienstes sicherzustellen“ und damit die Europäische Menschenrechtskonvention verletzen. Der Ministerausschuss des Europarates hatte die Türkei zuletzt am 17. Oktober 2007 aufgefordert, „ohne weiteren Verzug eine Gesetzesreform zu verabschieden, die notwendig ist, um ähnliche Verletzungen der Konvention zu vermeiden.
Connection e.V. verurteilt aufs Schärfste die Strafverfolgung von KriegsgegnerInnen in der Türkei. „Die Türkei muss das Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung unverzüglich und uneingeschränkt anerkennen“, ergänzte heute Rudi Friedrich. „Die Kriminalisierung von Kriegsdienstverweigerern, AntimilitaristInnen und Deserteuren muss beendet werden.“
gez. Rudi Friedrich
Die online-Faxaktion kann über erreicht werden
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