Die Friedensbewegung beginnt mit der Organisation der traditionellen Ostermärsche. Befreiung vom Faschismus soll thematisiert werden.
Ein Gespräch mit Felix Oekentorp, Landessprecher der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) in Nordrhein-Westfalen und aktiv bei der Antifa Wattenscheid
Die Friedensbewegung bereitet aktuell die bevorstehenden Ostermärsche vor. In den vergangenen Monaten gab es interne Streitigkeiten zum Umgang mit den sogenannten Montagsmahnwachen. Spielen diese Konflikte noch eine Rolle?
Es war und ist ja leider so, dass Teile der Montagsmahnwachen nach rechts offen sind. Zumindest mit diesem Teil will die Ostermarsch-Bewegung überhaupt nichts zu tun haben. Deshalb haben wir bei der Formulierung der Vorlage für den Aufruf darauf geachtet, dass dieses Spektrum sich gar nicht erst angezogen fühlen kann. Es hat dann bei der Friedensversammlung, bei der es um die Verabschiedung des Aufrufs ging, keine Beteiligung aus diesem Spektrum der Montagsmahnwachen gegeben.
Haben die Auseinandersetzungen mit den Mahnwachen den positiven Nebeneffekt gehabt, dass innerhalb Ihrer Bewegung wieder verstärkt um Inhalte gestritten wurde?
Gestritten würde ich eher nicht sagen. Auch wenn es bei einzelnen Details der inhaltlichen Schwerpunkte kontroverse Vorstellungen gab, so ist der Kreis derer, die sich in Mitverantwortung für das Gelingen des Ostermarsches Rhein-Ruhr sehen, politisch weitestgehend einig. Es gibt einen Konsens, dass Atomwaffen endlich abgeschafft werden müssen. Es gibt einen Konsens, dass jegliche Bundeswehrwerbung eine Verharmlosung von Töten und Getötetwerden bedeutet und abzulehnen ist. Jegliche Forschung für sowie Produktion von Rüstungsgütern wird einhellig von allen Aktiven aus allen beteiligten örtlichen Friedensforen abgelehnt. Auch in bezug auf deutliche und erkennbare Abgrenzung nach rechts ist sich die Friedensbewegung an Rhein und Ruhr wohltuend einig.
In verschiedenen europäischen Ländern gewinnen Rechte und Neonazis verstärkt Zuspruch. Wird diese bedrohliche Entwicklung – auch mit Blick auf den 70. Jahrestag der Befreiung Deutschlands vom Faschismus am 8. Mai – bei den Ostermärschen thematisiert?
Gleich im ersten Absatz unseres Aufrufs wird auf dieses Jubiläum Bezug genommen. Das ist kein Zufall. Die einzelnen Gruppen beraten noch, wie sie ihren jeweiligen Beitrag zum Gelingen der gemeinsamen Demonstration ausgestalten werden. Fest steht: Mindestens bei unserem Zwischenstopp in Wattenscheid wird es diese Verbindung geben. Dort hat die Antifa dafür gesorgt, dass es ein Denkmal zur Erinnerung an die ermordeten Mitmenschen jüdischen Glaubens gibt. Und ein Stopp an den aufgestellten Stelen in Gedenken an dieses Verbrechen gehört inzwischen zum festen Bestandteil der Marschetappe am Ostersonntag.
Der Ostermarsch Rhein-Ruhr hat im Bundesvergleich traditionell die meisten Teilnehmer. Rechnen Sie damit, dass sich auch mehr jüngere Menschen Ihren Protesten anschließen werden?
Wir können bei den alljährlichen Ostermärschen natürlich nicht mit aktuellen Themen mithalten, wie derzeit bei den Protesten gegen das »pegidöse« Unwesen überall. Es ist auch gut und wichtig, dass aus solchem aktuellen Anlass Menschen auf die Straße gehen, die das sonst noch nie getan haben. Dort ist erfahrungsgemäß der Altersdurchschnitt geringer. Trotzdem gehe ich davon aus, dass sich mit den Forderungen »Bundeswehr raus aus Schulen und Hochschulen« gerade auch jüngere Menschen angesprochen fühlen und beteiligen werden.
Also betrachten Sie eine Modernisierung der Friedensbewegung als wenig nötig?
Vor 15 Jahren gab es die Internetpräsenz noch nicht, vor zehn Jahren noch keine Fahrradetappe, und die Motorradetappe in Köln war vor fünf Jahren erstmals Bestandteil. Und wenn ich mir die Druckerzeugnisse der Friedensbewegung anschaue, da haben wir uns in den 80ern Bleiwüsten erlaubt, die wären heute gar nicht mehr möglich.
Wenn aber mit Modernisierung der Friedensbewegung ein Abspecken von Überzeugungen und Inhalten gemeint sein sollte, etwa eine Öffnung hin zu »Pegida« wie es ganz vereinzelt Menschen aus dem Spektrum der Friedensbewegung für denkbar halten, dann sage ich ganz klar: Nein. Mit dieser Haltung stehe ich nicht alleine, und die verteidige ich bis zuletzt. Nur weil die Zeitzeugen des Weltkriegs weniger werden, darf die Lehre nicht verblassen, die da lautet: »Nie wieder Faschismus Nie wieder Krieg«.
Das Interview führte Markus Bernhardt
Aus: Tageszeitung junge Welt, Ausgabe vom 05.02.2015, Seite 8 / Inland
Mehr Informationen: http://www.ostermarsch-ruhr.de