Die Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) protestiert gegen die von Teilen der Regierungsparteien befürwortete Reaktivierung der Wehrpflicht. Die Friedensorganisation kündigte an, im Zweifel juristisch gegen den Zwangsdienst vorzugehen – und auch ihre KDV-Beratung zu reaktiveren.
Pistorius äußert sich zur Wehrpflicht
Der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sorgt für Unruhe, indem er die Aussetzung der Wehrpflicht jüngst als Fehler bezeichnete. Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, sprang ihm bei und zeigte sich offen für eine Reaktivierung des Zwangsdienstes. Auch der Reservistenverband sowie weitere Militarist*innen und Bellizist*innen machen sich aktuell für die Reaktivierung der 2011 ausgesetzten Wehrpflicht stark.
Wehrpflicht nicht zeitgemäß
Die DFG-VK fühlt sich angesichts der aktuellen militärpolitischen Debatten um 70 Jahre zurückversetzt. „Nachdem junge Menschen in der Corona-Pandemie besonders große Einschnitte im Leben erleiden mussten, sollen sie nach dem Willen einiger Politiker*innen und Militarist*innen jetzt auch noch ein weiteres Lebensjahr bei einem Zwangsdienst verlieren“, empört sich Michael Schulze von Glaßer, politischer Geschäftsführer der DFG-VK.
Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels sei dies unsinnig, so der Politikwissenschaftler. „Zwangsdienste erziehen zur Unmündigkeit, Unterordnung und passen nicht zu einer Demokratie und Gesellschaft, in der freiheitliche, tolerante und soziale Menschen miteinander leben sollen.“ Schulze von Glaßer sieht weitere Probleme: „Die Reaktivierung des Kriegsdiensts in Deutschland wäre politisch ein fatales Zeichen an andere Länder und würde die Aufrüstungsspirale weiter anheizen – wenn Deutschland seine Jugend fit für die Kriegsführung macht, könnten sich auch andere Länder dazu bemüßigt fühlen.“
Rechtliche Hürden
Die DFG-VK sieht zudem auch rechtliche Hürden. Nach Artikel 12a des Grundgesetzes können aktuell nur Männer zum Dienst bei der Bundeswehr verpflichtet werden. Eine solche Form der Ungleichbehandlung wäre heutzutage gesellschaftlich nur noch schwer vermittelbar und nicht akzeptabel. Es müsste daher im Bundestag über eine Grundgesetzänderung abgestimmt werden – auch der Bundesrat müsste zustimmen. Auch die mit der Reaktivierung der Wehrpflicht oft diskutierte allgemeine Dienstpflicht ist aktuell durch das Grundgesetz verboten.
DFG-VK stellt sich gegen Reaktivierung der Wehrpflicht
„Wir werden im Ernstfall alle juristischen Möglichkeiten ausschöpfen, um junge Menschen vor der Wehrpflicht zu bewahren“, so Shari Kohlmeyer, Bundessprecherin der DFG-VK. „Unser Verband hat seit der Wiedereinführung der Wehrpflicht 1956 bis zu ihrer Aussetzung 2011 hunderttausende junge Männer beraten und sie bei ihrer staatlichen Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer nach Artikel 4 Absatz 3 Grundgesetz begleitet“, erklärt Kohlmeyer und kündigt an: „Diese erfolgreiche Beratungstätigkeit würden wir im Fall der Wiedereinführung der Wehrpflicht umgehend flächendeckend wieder aufnehmen.“ Jede Zwangsrekrutierung ist in den Augen der DFG-VK eine Menschenrechtsverletzung und ein Akt der Gewalt.
Weitere Informationen zur Reaktivierung der Wehrpflicht sowie zur allgemeinen Dienstpflicht gibt es im DFG-VK-Flyer.
Pressemitteilung vom 01.02.2023
Kontakt
Michael Schulze von Glaßer
Politischer Geschäftsführer der DFG-VK