(von Jürgen Grässlin für Zivilcourage – Mitgliedermagazin der DFG-VK – 1/2010)
Der brisante Rüstungsexportskandal um den Waffenlobbyisten Schreiber ist atypisch: Rund 98 Prozent aller Waffentransfers erfolgen legal. Mit der aktuellen Veröffentlichung der Zahlen zu den deutschen Rüstungsexporten 2008 wird deutlich, wie dramatisch sich die Entwicklung verschärft hat.
Europameister Deutschland steigerte seine Waffenlieferungen auf ein erneutes Rekordniveau. Ganz legal erfolgten Einzelausfuhrgenehmigungen im Wert von 5,78 Milliarden Euro – gut zwei Milliarden mehr als im bisherigen Rekordjahr 2007. Moralische Grenzen existieren nicht: Kriegsschiffe, Militärhubschrauber, Panzer und Gewehre bzw. deren Teile wurden an kriegsführende Nato- und Nato-assoziiierte Staaten sowie an menschenrechtsverletzende Regime geliefert.
Neue Waffensysteme wie das XM25 sollen die Kriegsführung revolutionieren und auch zukünftig den Rüstungsexportmarkt anheizen. Die Voraussetzungen dafür sind geschaffen, der Koalitionsvertrag unter der neuen christlich-liberalen Bundesregierung lässt das Schlimmste befürchten. Dabei hätte Deutschland aus den Opferzahlen der Vergangenheit lernen müssen. Allein die Direktexporte und Lizenzvergaben der Gewehre und Maschinenpistolen von Heckler & Koch haben bis heute mehr als 1,5 Millionen Menschen das Leben gekostet, eine weitaus größere Zahl von Opfern zeitlebens verstümmelt. Mit Waffenexporten leistet Deutschland Beihilfe zum Massenmorden in aller Welt.