Bundeswehr auf Rekrutierungsmission: Hunderte Reklameeinsätze sollen Nachwuchs ins Militär treiben. Hartz-IV-Sperre für Verweigerer
von Frank Brendle
Die Nachwuchslage bei der Bundeswehr sei »noch gut«, aber die Bewerberzahl ist von 36000 auf 31000 zurückgegangen. Das hat am Dienstag der Wehrbeauftragte des Bundestages festgestellt. Die von ihm kritisierten Mängel will die Bundesregierung offenbar mit Reklame übertünchen. Ebenfalls gestern wurde bekannt, daß die Truppe ihre Nachwuchswerbung intensiviert. Über 700mal wollen die Personalwerber in Olivgrün in diesem Jahr auf Marktplätzen, Ausbildungsmessen und in Schulen auftreten. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linke-Parlamentarierin Ulla Jelpke hervor. Zunehmend geraten die Gymnasien ins Visier.
Rekrutierung der Bundeswehr
Antirekrutierungsarbeit ist ein Beitrag gegen Bundeswehrkriege
Beitrag von Monty Schädel, Bundesgeschäftsführer der DFG-VK, zur Rekrutierungsarbeit der Bundeswehr
Akzeptanz der Bundeswehr sinkt
Immer mehr junge Menschen in der Bundesrepublik sehen in der Bundeswehr, wenigstens für einen Teil ihres Lebens, eine Perspektive. Dass dieses so ist, liegt nicht unbedingt daran, weil junge Menschen das Militär und die damit zusammenhängenden Umstände so toll finden. Viele sehen einerseits keine wirkliche Alternative zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes, andererseits bekommen sie durch unterschiedlichste Werbemaßnahmen der Bundeswehr eine Welt vorgestellt, die das Leben einfach und geordnet erscheinen lässt. So begeben sie sich in oftmals naivem Glauben an die Versprechen der Militärs und mit wenig Erfahrung über die künftig an sie gestellten (An-)Forderungen in das militärische System. Doch trotz dieser für die Bundeswehr beinahe günstigen Situation, fehlt der Bundeswehr zunehmend der Nachwuchs.
Kein Job wie jeder andere – Bundeswehr wegtreten!
Aktion der DFG-VK und des Dortmunder Friedensforums gegen Bundeswehr-Werbung bei der DASA-Jugendmesse am 20. September
10.000 Schülerinnen und Schüler besuchen die jährlich stattfindende Berufsfindungsmesse bei der DASA in Dortmund. Das will sich die Bundeswehr nicht entgehen lassen und ist mit ihrem Werbe-Truck auch dabei. Doch in diesem Jahr verlief dieser Versuch, Jugendliche bei der Lehrstellensuche für Auslandseinsätze zu ködern, nicht ungestört. Initiiert von der DFG-VK und dem Dortmunder Friedensforum fand eine Mahnwache mit Infostand vor dem Eingang zum DASA-Gelände statt.
Hartz Y: Bundeswehr wirbt verstärkt unter Schülern und Arbeitslosen – Jobcenter sorgen für Nachschub an Soldaten
Frank Brendle (u.a. aktiv in der DFG-VK-Berlin) berichtet über die Nachwuchsjagd der Bundeswehr:
Mit Hunderten Rekrutierungs- und Reklameeinsätzen überzieht sie das ganze Land. Für mehrere Millionen Euro steuern »Karriere-Trucks« die Innenstädte an, bauen Wehrdienstberater auf Messen und in Schulen ihre Werbestände auf, und allmonatlich finden »Informationsgespräche« in Arbeitsämtern statt. Der Grund für die massive Rekrutierungskampagne: Der Bundeswehr droht der Nachwuchs auszugehen.
Hausverbot für die Bundeswehr in der Arbeitsagentur!
(Köln) Mehr als 60 BundeswehrgegnerInnen belagerten das blutrot-verschmierte Berufsinformationszentrum der Kölner Arbeitsagentur. Durchaus bemüht, der Bundeswehr (trotz der vielen roten Farbe an Scheiben, Wänden und vor dem Eingang) eine attraktive Werbeveranstaltung zu ermöglichen, lief auch beim sechsten diesjährigen Anlauf der Arbeitsagentur alles schief. Sicherheitskräfte und die Polizei waren überrascht von der Anzahl der BundeswehrgegnerInnen und verriegelten nach dem ersten Stürmungsversuch einer sehr entschlossenen Clowns-Army vorsichtshalber alle Zugänge. Damit blieb die Tür auch Bundeswehr-Interessierten (und TeilnehmerInnen anderer Veranstaltungen) verschlossen.
[Weiterlesen…] Infos zum Plugin Hausverbot für die Bundeswehr in der Arbeitsagentur!junge Welt: Krieg statt Hartz IV
Die Bundeswehr bedient sich bei der Nachwuchsgewinnung gezielt aus dem Reservoir junger Arbeitsloser. Kooperationen mit Jobcentern machen es leichter von Ralf Wurzbacher
Stellt man der Bundeswehr unangenehme Fragen, sind die Verantwortlichen schon mal gerne allesamt verhindert. Ob die Truppe beim Fang frischen Kanonenfutters gezielt aus dem Heer junger Arbeitsloser angelt, wollte junge Welt beim Dezernat 6 des Zentrums für Nachwuchsgewinnung (ZNwG) Ost in Leipzig in Erfahrung bringen. Antwort: »Hauptmann Rieger ist im Urlaub.« Wer ist noch zuständig? »Der ist auch im Urlaub.« Kann oder will sonst einer Auskunft geben? »Nein. Keiner da!« Seit eine sächsische Zeitung vor Weihnachten über die engen Bande zwischen Streitkräften und Leipziger Jobcenter berichtet hatte, geht man bei der Armee offenbar lieber in Deckung.