Am 1. Dezember ist der Lissabon-Vertrag in Kraft getreten, da ihn nun alle 27 EU-Mitgliedstaaten ratifiziert haben. Das Ja in Irland wurde erpresst: Das Referendum war nicht wirklich frei und fair. Die Abstimmung fand unter einem enormen Druck und einer geldaufwendigen Angstkampagne der Befürworter statt. Selbst die EU-Kommission hat Gelder direkt in die Ja-Kampagne gesteckt. Die zunehmend schlechtere wirtschaftliche Situation in Irland wurde gnadenlos ausgenutzt. Kurz nach dem irischen Ja gab es noch Scharmützel mit dem tschechischen Präsidenten Vaclav Klaus, er hat sich die Ungültigkeit der Grundrechtscharta für Tschechien ausbedungen, bis auch er seine Unterschrift unter den Vertrag gesetzt hat.
[Weiterlesen…] Infos zum Plugin Tobias Pflüger: Die Europäische Union wird gefährlichMilitarisierung der EU
Griff ins Leere?
Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy übernimmt heute für sechs Monate die EU-Ratspräsidentschaft. Das irische »No« behindert vorerst seine Pläne zur Militarisierung und Machtkonzentration in der Union
Von Tobias Pflüger
Der Presse wurde eine E-Mail eines hohen irischen Regierungsbeamten zugespielt, der zufolge die dortige Regierung eigentlich das Referendum über den Vertrag von Lissabon gerne erst im Herbst abgehalten hätte: »Aber das Risiko von kontraproduktiven Entwicklungen während der französischen Ratspräsidentschaft war zu groß – insbesondere was den Bereich der EU-Verteidigungspolitik anbelangt«, wird der Regierungsbeamte zitiert.1 Daß Präsident Nicolas Sarkozy für allerlei böse Überraschungen gut ist, hat sich in der französischen Bevölkerung bereits herumgesprochen, nicht zuletzt der von ihm verantwortete Sozialabbau hat seine Zustimmungswerte auf historische Tiefstände sinken lassen. Davon gänzlich unbeeindruckt holt der französische Selbstdarsteller nun auch auf EU-Ebene zum großen Wurf aus. Die Gelegenheit hierfür ist günstig, denn Frankreich übernimmt ab heute für sechs Monate die EU-Ratspräsidentschaft. Insbesondere für den Bereich der »Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik« (ESVP) hat sich Sarkozy offensichtlich einiges vorgenommen.
Studien zur Militarisierung Europas
Die von der Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V. erstellten „Studien zur Militarisierung EUropas“ haben zum Ziel, zahlreiche Aspekte der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik in einem breiten Rahmen kritisch zu hinterfragen und zu analysieren. Neben der militärisch-strategischen Dimension, geht es deshalb auch darum, ökonomische, regionale, ideologische und soziale Aspekte aufzuarbeiten und dabei nicht zuletzt die tragende Rolle Deutschlands in diesem Kontext herauszustellen.
[Weiterlesen…] Infos zum Plugin Studien zur Militarisierung EuropasWeder tot noch lebendig
EU-VERFASSUNG – Nach dem Reformvertrag von Lissabon steht ein von den Bürgern geschriebenes europäisches Grundgesetz erst recht auf der Tagesordnung
(von Marcus Hawel)
Nach der Ablehnung in Frankreich und den Niederlanden 2005 lag die EU-Verfassung auf Eis, bis 2007 unter deutscher Ratspräsidentschaft jene Elemente des Verfassungsvertrages ausfindig gemacht wurden, die Aufnahme in ein erneuertes Vertragswerk fanden. Den so entstandenen Reformvertrag haben die EU-Regierungschefs am 13. Dezember 2007 in Lissabon unterzeichnet. Nun muss das Dokument von allen 27 Mitgliedsländern ratifiziert werden. Einzig in Irland ist dazu ein Referendum vorgeschrieben – in den anderen EU-Staaten scheut man nach der Erfahrung des Jahres 2005 Volkes Stimme.
EU-Verfassung kommt als „EU-Reformvertrag“
Friedensforum 5/2007
Komitee für Grundrechte und Demokratie / Wolf-Dieter Narr
(red) Mitte Oktober hat der EU-Gipfel von Lissabon die gekippte EU-Verfassung unter neuem Tarn-Namen nun doch verabschiedet. Das gesamte Werk wird statt Verfassung schlicht und einfach „EU-Reformvertrag“ genannt. Alle vonseiten der Friedensbewegung kritisierten Vorhaben zur EU-Militarisierung sind im „Reformvertrag“ nach wie vor enthalten. Volksabstimmungen sollen nun nicht mehr stattfinden, sondern die Regierungen werden den fertigen Vertrag ohne weitere Diskussionen ratifizieren. Das Komitee für Grundrechte und Demokratie veröffentlichte kurz vor dem EU-Gipfel eine Erklärung zum neuen EU-Vertrag, die wir nachstehend dokumentieren. Vgl. zum Thema auch den Beitrag von Martin Hanke und Tobias Pflüger „EU: Aufrüstung und Militarisierung“ in FF 4/2007, S. 21f.
Raider heisst jetzt Twix
EU: Aufrüstung und Militarisierung – Tücken im Entwurf für den neuen EU-Reformvertrag – vormals EU-Verfassungsvertrag
von Martin Hantke und Tobias Pflüger (beide sind auch für die DFG-VK aktiven)
Seit 1. August 2004 arbeitet die EU-Rüstungsagentur. Mit einem Jahresbudget von 60 Millionen Euro ist sie verantwortlich für die Koordination von Rüstungsprojekten, für die Stärkung des EU-Rüstungssektors und die Etablierung eines gemeinsamen EU-Rüstungsmarkts. Mit Unterstützung von EU-Industriekommissar Günter Verheugen ist es ihr gelungen, 2007 erstmals einen Posten für Sicherheits- und Rüstungsforschung im EU-Haushalt zu etablieren und eine koordinierte Öffnung der einzelstaatlichen Rüstungsmärkte in Angriff zu nehmen.