Soldaten auf Werbetour. Knapp eine Million Jugendliche erreicht
Von Frank Brendle
Auf ihrer Nachwuchssuche hat die Bundeswehr im vergangenen Jahr 950000 Jugendliche umworben. Das teilte am Mittwoch die Linke-Abgeordnete Ulla Jelpke unter Berufung auf Zahlen aus dem Verteidigungsministerium mit. Jugendoffiziere traten demnach vor mehr als 142000 Jugendlichen auf, fast ausnahmslos im Rahmen des Schulunterrichts. Jelpke kritisierte in einer Presseerklärung den »Mißbrauch von Schulen als Rekrutierungsstätten.« Wehrdienstberater erreichten 197000 Schüler, denen sie »Jobmöglichkeiten« beim Militär erläutern konnten. Damit verzeichnen sie einen Einbruch um knapp ein Drittel– ein mögliches Indiz für das schwindende Interesse am »Arbeitgeber Bundeswehr«. An Truppenbesuchen haben 22000 Jugendliche teilgenommen.
Rekrutierung der Bundeswehr
GRÜNEN kritisieren Kooperation zwischen Kultusministerium und Bundeswehr
Teilnahme an Veranstaltungen muss freiwillig sein
Zur heutigen Unterzeichnung einer Kooperationsvereinbarung über eine engere Zusammenarbeit zwischen Schule und Bundeswehr in Sachsen durch Kultusminister Prof. Roland Wöller und Generalmajor Heinrich Geppert erklärt Annekathrin Giegengack, bildungspolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag:
„Viele der heutigen Eltern und Großeltern haben die Allgegenwart der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR in Kindergarten und Schule, Wehrkundeunterricht und Wehrlager noch schlecht in Erinnerung. Kultusminister Wöller zeigt durch die Unterzeichnung der Kooperation mit der Bundeswehr einmal mehr sein fehlendes Gespür im Umgang mit Eltern aber auch mit Lehrerinnen und Lehrern.“
Kinder im Visier
Bundeswehr wirbt an Schulen und missachtet dabei die Kinderrechte
(Artikel aus der terre des hommes-Zeitung 4/10)
Die Bundeswehr benötigt jährlich 23.000 neue Rekruten und hat die Werbemaßnahmen deswegen stark ausgeweitet. Besonders an Schulen versucht sie, ihr Image aufzubessern und Nachwuchs zu werben. Im Jahr 2009 erreichten alleine die Jugendoffiziere und Wehrdienstberater der Bundeswehr 700.000 Schüler, darunter auch Kinder von gerade einmal elf Jahren. Viele Mädchen und Jungen interessieren sich anschließend für eine militärische Laufbahn, die sie in gefährliche Auslandseinsätze führen kann. Die Werbung für Militäreinsätze widerspricht den Prinzipien der UN-Kinderrechtskonvention, die Bundeswehr stellt ihre eigenen Interessen über die Kinderrechte. Doch dagegen regt sich bei Schülern, Eltern und Lehrern immer mehr Widerstand.
Militärspiele
über die Verbindungen zwischen dem Militär und der Videospiele-Industrie
von Michael Schulze von Glaßer in der IMI-Studie 2010/15
http://imi-online.de/download/MSG-Dezember10-Militaerspiele.pdf
PDF-Datei bei IMI-Online.de
Bewegte Bilder und Animationen zur Unterhaltung in den Dienst des Militärs zu stellen – so genanntes Militainment –, ist nicht neu. Als Geburtsstunde des Kriegsfilms gilt beispielsweise der 90-sekündige Propagandafilm TEARING DOWN THE SPANISH FLAG (USA) von 1898 – nur fünf Jahre nach der ersten Leinwandprojektion bewegter Bilder. US-Soldaten zeigen darin das Einholen der spanischen Flagge in Havanna, um dann die US-amerikanische zu hissen.[1] Im Zweiten Weltkrieg läuft das Kino als Propagandamaschine zur Höchstform auf, vor allem in Deutschland. Krieg als Thema oder Element findet sich heute zunehmend auch in Videospielen[2], besonders oft bei Action-, Strategie- und Simulations-Spielen. Vom Einzelkämpfer über die Steuerung eines Waffensystems (Panzer, Flugzeug etc.) bis hin zum generalstabsmäßig angelegten strategischen Planspiel reicht die Palette, wobei in einem Spiel auch unterschiedliche Elemente nebeneinander auftreten können.[3]
Speerspitzen bohren das Militärische in die Gesellschaft hinein
Die inhaltlichen Schwerpunkte auf der 100. Tagung der Jugendoffiziere der Bundeswehr, die vom 21. bis zum 25. November 2010 in Berlin stattfand, sind die Strukturreform und die Auslandseinsätze der Bundeswehr sowie das Nato-Strategiekonzept gewesen. Gerade Letzteres, so ein „weiblicher Jugendoffizier“ laut einem Beitrag vom 29. November über die Jubiläumstagung auf dem Internetauftritt des Verteidigungsministeriums, werde „besonders von den Lehrern angefragt, wenn es wie derzeit in deren Lehrplänen steht“ und es in Richtung Abiturvorbereitung gehe. Daneben sei aber auch über „Kooperationsmöglichkeiten bei verschiedensten Events wie Ausstellungen und Großveranstaltungen der Bundeswehr“ diskutiert worden.
[Weiterlesen…] Infos zum Plugin Speerspitzen bohren das Militärische in die Gesellschaft hineinWenig Sensibilität für Gefahren
Erfahrungen bei der größten Computerspiel-Messe
Von Lena Hantelmann (für ZivilCourage – Das Magazin für Pazifismus und Antimilitarismus – 4/2010)
Die diesjährige Gamescom fand vom 18. bis 22. August in Köln statt, die Bilanz: 5 Tage, 505 Aussteller, 254.000 Besucher. Unter den Ausstellern waren sowohl Vertreter der Spielerhersteller als auch beispielsweise der Kinderschutzbund, die USK (Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle), die Bundesagentur für Arbeit und die Bundeswehr. Hieraus resultiert eine erste Frage: Aus welchem Grund sind auf einer Spielemesse Unternehmen vertreten, die zumindest auf den ersten Blick nichts mit Spielen zu tun haben? Doch dazu später.
Ansprechpartner? Fehlanzeige!
Bei unseren Gesprächen mit den Unternehmensvertretern hatten wir verschiedene Argumente im Hinterkopf, die hier kurz vorgestellt werden sollen. Innerhalb der so genannten Medienwirksamkeitsforschung werden die Auswirkungen gewaltbeinhaltender Computerspiele sehr kontrovers gesehen. Die Debatten drehen sich vor allem um vier Theorien:
Laut der Inhibitionstheorie erzeugen Computerspiele Angst, wodurch die Aggressionsbereitschaft des Spielers sinkt.
Positive Auswirkungen beschreibt auch die Katharsistheorie, nach der während des Spiels Spannungen abgebaut werden, so dass ebenfalls die Gewaltbereitschaft sinkt.