Im Rahmen der von der Bundesregierung ausgerufenen militärischen „Zeitenwende“ drängen Rüstungsunternehmen und das Militär zunehmend an zivile Universitäten. Um sich dagegen zu organisieren und Zivilklauseln – Selbstverpflichtungen von Bildungseinrichtungen rein friedliche Forschung und Lehre zu betreiben – zu verteidigen gibt es am 28. und 29. Oktober einen Kongress in Kassel.
Man müsse „die strikte Trennung zwischen ziviler und militärischer Forschung hinterfragen“, schrieb Bettina Stark-Watzinger, Bundesministerin für Bildung und Forschung, am 20. August 2023 in einem Gastbeitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Die FDP-Ministerin will Universitäten und Hochschulen für Militärforschung öffnen und dafür so genannte Zivilklauseln, Selbstverpflichtungen von rund 70 deutschen Universitäten und Hochschulen, Forschung und Lehre nur zu friedlichen und zivilen Zwecken zuzulassen, abschwächen oder sogar abschaffen: „Die Zeitenwende rückt auch Zivilklauseln in ein anderes Licht. Es drängt sich die Frage auf, ob sie noch zeitgemäß sind“, so Stark-Watzinger.
Regierung und Opposition fordern Militarisierung der Bildung
Damit ist die Ministerin auf Linie mit der parlamentarischen Opposition: „Sogenannte Zivilklauseln, die militärische Forschung an den Hochschulen verbieten, sollten aufgehoben werden“, sagte CDU-Chef Friedrich Merz Mitte Juli in einem Interview.
Angesichts der immer schwierigeren finanziellen Ausstattung des Bildungssektors auf der einen Seite – allein 2024 soll das Bundesministerium für Bildung und Forschung rund 500 Millionen Euro einsparen – und dem Milliarden-Aufrüstungsprogramm der Bundesregierung für das Militär auf der anderen Seite, wächst der Druck auf Universitäten und Hochschulen ihre Zivilklauseln tatsächlich abzuschaffen und sich dem Militär anzudienen.
Zivilklausel-Kongress im Oktober
Doch dagegen regt sich Widerstand: „Forschung und Lehre sollten dem Wohle der Menschheit dienen und nicht den Profitinteressen der Rüstungsindustrie oder sogar dem Töten von Menschen“, kritisiert Chris Hüppmeier von der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK). Hüppmeier organisiert für den 28. und 29. Oktober 2023 im nordhessischen Kassel einen Zivilklausel-Kongress gegen Militärforschung an zivilen Bildungseinrichtungen mit: „Wir wollen militärkritische Studierende und Uni-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zusammenbringen, einen Austausch ermöglichen und konkret planen, wie wir der Militarisierung des Bildungssektors Einhalt gewähren können“, so Hüppmeier, der an der Universität Kassel studiert.
Konflikt um Militärforschung an zivilen Einrichtungen nimmt bundesweit zu
Der Konflikt um Militärforschung an zivilen Bildungseinrichtungen hatte sich bereits in den vergangenen Monaten verschärft. So gab es etwa im Mai in Trier vor der Jahresversammlung der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), einem Zusammenschluss von 269 deutschen Universitäten und Hochschulen, Proteste von Friedensgruppen: „Wir fürchten konkrete Pläne von Uni-Leitungen um Zivilklauseln abzuschaffen“, so Katharina Dietze von der Arbeitsgemeinschaft Frieden Trier, die damals den Protest initiiert hat und nun den Zivilklausel-Kongress mitorganisiert: „Gerade in den aktuell kriegerischen Zeiten muss sich Wissenschaft für ein Ende von Gewalt und Konflikten einsetzen und darf sich nicht dem Kanon aus Nationalismus und Militarismus unterwerfen“, fordert Dietze.
Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), die Informationsstelle Militarisierung aus Tübingen und weitere Organisationen und Gruppen aus dem Friedens- und Bildungsbereich unterstützen den Kongress. Die Teilnahme ist kostenlos. Alle Informationen gibt es auf: www.zivilklausel-kongress.de
Pressemitteilung der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen, Stuttgart 29. August 2023
Kontakt
Chris Hüppmeier (DFG-VK, Arbeitskreis Zivilklausel Kassel), zivilklausel@dfg-vk.de
Katharina Dietze (AG Frieden Trier), buero@agf-trier.de
Michael Schulze von Glaßer (Geschäftsführer der DFG-VK): svg@dfg-vk.de, +4917623575236