Dortmunder Krisenzentrum vereint Polizei und Militär
Von Ulrich Sander
Ohne viel Aufhebens zu machen, erobert die Bundeswehr Positionen in Rathäusern und Landratsämtern. Die letzten Verteidigungsbezirkskommandos der Bundeswehr aus der Zeit der Blockkonfrontation sind in Nordrhein-Westfalen in den letzten Monaten aufgelöst worden. Im Ernstfall sollten sie helfen, die Reserven zu mobilisieren und den Objektschutz und den Luftschutz zu gewährleisten. An ihre Stelle sind die Bezirks- und Kreisverbindungskommandos in den Städten und Landkreisen getreten – der Begriff Verteidigung taucht nicht mehr auf. Oberst Ralf Kneflowski, Kommandeur des Landeskommandos Nordrhein-Westfalen aus Düsseldorf, konnte den Leitern der BVK und KVK die Urkunden als Chefs der Zivilmilitärischen Zusammenarbeit ZMZ überreichen.
Anti-Militarisierung
US-Irak-Kriegsverweigerer von Kanada in die USA abgeschoben und zu 15 Monaten Gefängnis verurteilt
Proteste und Solidaritätsschreiben erbeten
Am 15. Juli hat die kanadische Regierung den Kriegsdienstverweigerer Robin Long in die USA abgeschoben. Am 15. August wurde er zu 15 Monaten Haft und zu unehrenhafter Entlassung verurteilt, wobei ihm 40 vergangene Hafttage angerechnet werden. Er wird 2 bis 3 Wochen in einem zivilen Gefängnis gefangen gehalten werden, um dann in einem Gefängnis der US-Armee inhaftiert zu werden.
Griff ins Leere?
Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy übernimmt heute für sechs Monate die EU-Ratspräsidentschaft. Das irische »No« behindert vorerst seine Pläne zur Militarisierung und Machtkonzentration in der Union
Von Tobias Pflüger
Der Presse wurde eine E-Mail eines hohen irischen Regierungsbeamten zugespielt, der zufolge die dortige Regierung eigentlich das Referendum über den Vertrag von Lissabon gerne erst im Herbst abgehalten hätte: »Aber das Risiko von kontraproduktiven Entwicklungen während der französischen Ratspräsidentschaft war zu groß – insbesondere was den Bereich der EU-Verteidigungspolitik anbelangt«, wird der Regierungsbeamte zitiert.1 Daß Präsident Nicolas Sarkozy für allerlei böse Überraschungen gut ist, hat sich in der französischen Bevölkerung bereits herumgesprochen, nicht zuletzt der von ihm verantwortete Sozialabbau hat seine Zustimmungswerte auf historische Tiefstände sinken lassen. Davon gänzlich unbeeindruckt holt der französische Selbstdarsteller nun auch auf EU-Ebene zum großen Wurf aus. Die Gelegenheit hierfür ist günstig, denn Frankreich übernimmt ab heute für sechs Monate die EU-Ratspräsidentschaft. Insbesondere für den Bereich der »Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik« (ESVP) hat sich Sarkozy offensichtlich einiges vorgenommen.
Was war wirklich in Heiligendamm? Bescheide zu den Demonstrationen in Baden-Baden
Um den NATO-Gipfel wird auch wieder viel über Heiligendamm berichtet, spekuliert, verunsichert und dramatisiert. Viele haben jedoch die Informationen aus der Zeit beiseite gedrückt und verlassen sich allein auf die Aussagen der Polizei. Die Polizei dagegen wiederholt die schon damals falschen Aussagen von hunderten verletzten Polizisten, angeblichen Säureangriffen der Clowns und tausenden gewalttätigen Demonstranten. Dabei werden Verfehlungen sowie gewalttätiges und rechtswidriges Verhalten der Polizei im Einzelnen und in der Gesamtheit „selbstverständlich“ nicht erwähnt.
[Weiterlesen…] Infos zum Plugin Was war wirklich in Heiligendamm? Bescheide zu den Demonstrationen in Baden-BadenDas KDV-ZivilCourage 3/2008: Recht des deutschen Grundgesetzes gilt nicht für alle hier lebenden Menschen
DFG-VK-Mitglied Zeynettin Er permanent von Abschiebung in die Türkei bedroht
Von Gerit Ziegler
Selten wird der 15. Mai, der internationale Tag der Kriegsdienstverweigerung, zum Anlass für große Kundgebungen und Veranstaltungen genommen. Und dies wahrscheinlich deshalb, weil wir denken, dass wir die Bedeutung der KDV bereits erkannt haben und die ihr ihrer würdige Stellung in unserer Verfassung längst gewährleistet wurde. Ist es nicht gerade dieser scheinbare Fortschritt, der einen ursprünglich radikal emanzipatorischen Ansatz zu einem Privileg verkommen lässt und ein Land nicht daran hindert, Kriege zu führen? Dies ist eine Tatsache, die wir vielleicht nicht in aller Deutlichkeit sehen können.
So wollte der Initiativkreis Deserteurdenkmal in Bernau an diesem Tag mit einer Kundgebung und einem Podiumsgespräch die Beweggründe der Verweigerer aus verschiedenen Armeen und Konflikten der Welt darstellen und dabei auch nach unserer Verantwortung für Frieden und Gerechtigkeit fragen. Zu dem Podiumsgespräch eingeladen waren Zeynettin Er von der DFG-VK, ein Totalverweigerer aus Deutschland und Ulrike Laubenthal von der Sichelschmiede Rossow.
16 Jahre sind es mittlerweile her, seitdem Zeynettin hierher floh und Asyl beantragte. In der Türkei als engagierter Kurde verfolgt und zum Militärdienst gezwungen, in Deutschland dagegen als Flüchtling unerwünscht, lebt Zeynettin mit seiner Familie in ständiger Angst, eines Tages in seinem Briefkasten die Mitteilung von der Ausländerbehörde zu finden, die ihn auffordert, das Land zu verlassen. Resigniert ist er aber trotzdem nicht. „Meine ganze Jugend ist in diesem Land verflossen; ich habe nicht die Absicht, mir eine neue Heimat zu suchen“, sagt der kurdische Kriegsdienstverweigerer entschlossen.
ZivilCourage 3/2008 – 10 Kerzen im Stacheldraht
Skandalöse Missachtung des Menschenrechts auf Kriegsdienstverweigerung in Griechenland von Guido Grünewald
Athen, 11. April 2008. Vor dem Parlamentsgebäude versammeln sich einige Dutzend Menschen, um auf die nach wie vor schwierige Situation griechischer Kriegsdienstverweigerer aufmerksam zu machen. Anwesend sind u.a. Funktionsträger des Europäischen Büros für Kriegsdienstverweigerung EBCO. Wir haben unsere reguläre Vorstandssitzung auf Bitten unserer griechischen Freunde nach Athen verlegt, um die Protestaktionen zu unterstützen. 10 Kerzen umwickelt mit Stacheldraht symbolisieren die schlechte Praxis eines KDV-Gesetzes, das seit 1998 zwar einen Alternativdienst für Verweigerer ermöglicht, diesen aber nach wie vor diskriminierend gestaltet und für Menschen, die vor Inkrafttreten des Gesetzes verweigert haben, keine Amnestie vorsieht.
Im Anschluss an die Straßenaktion bewegt sich ein kleiner Demonstrationszug zum Sitz der griechischen Regierung sowie zu den Botschaften Zyperns und der Türkei. Dort übergibt eine kleine Delegation eine gemeinsame Erklärung von EBCO, WRI, Amnesty International (griechische Sektion), Vereinigung der griechischen Kriegsdienstverweigerer und Initiative für Kriegsdienstverweigerung in (Nord)Zypern, in der die Regierungen der drei Staaten (im Fall Zyperns auch die türkische Besatzungsmacht) aufgefordert werden, das Recht auf KDV ohne wenn und aber gemäß internationalen Standards anzuerkennen (siehe Kasten).