Nachdem Russland die Krim annektiert hat, hat die politische Diskussion über angemessene Reaktionen auf dieses völkerrechtswidrige Vorgehen weiter Fahrt aufgenommen. Das eine ist, diesen Schritt nicht zu akzeptieren und die Annexion nicht anzuerkennen. So ergeht es seit 40 Jahren dem international nicht anerkannten Nordzypern, das 1974 von türkischen Truppen von Zypern abgetrennt wurde. Aber, so fragen sich Viele, die Russland als Alleinverantwortlichen für die Eskalation sehen: was kann getan werden, um der Nichtanerkennung mehr Nachdruck zu verleihen?
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BoA und Uno
Bundeswehr kann abgeschafft werden zugunsten einer übergeordneten Organisation (z.B. der Uno)
Von Thomas Rödl
„Bundeswehr abschaffen“ oder „Militär abschaffen“ ist eine richtige Parole, aber noch kein politisches Konzept. „Bundeswehr abschaffen“ meint die bedingungslose einseitige Abrüstung der BRD, aber als Einstieg in und als Beitrag zur allgemeinen und vollständigen Abrüstung. Es bedeutet also ausdrücklich nicht: BRD ohne Militär – und ansonsten bleibt alles wie bisher in der Staatenwelt.
Braucht es eine bewaffnete Macht, die in Konflikte eingreift, wenn es keine Bundeswehr mehr gibt? Diese Frage sollten wir ernsthaft erörtern – und nicht als Propaganda abtun. Viele Menschen, die mit uns Frieden und Abrüstung wollen, meinen, es sei in bestimmten Fällen notwendig, militärisch einzugreifen – zugunsten von Menschenrechten, zur Verhinderung von Völkermord und dergleichen. Dies zeigen die vielfältigen Diskussionen der letzten 20 Jahre, seit wir BoA (Bundesrepublik ohne Armee) verfolgen. Mir ist dabei völlig bewusst, dass dieses Argument durch die mediale Darstellung der (Bürger-)Kriege der Gegenwart, u.a. in Ex-Jugoslawien, beeinflusst war und ist. Die jeweiligen imperialistischen Interessen und Machenschaften dabei aufzuzeigen, ist notwendig aber nicht hinreichend.
Die Bundeswehr ist die bewaffnete Macht eines Nationalstaates, der BRD, als solche ist sie abzuschaffen, dafür braucht es keinen Ersatz. „Abschaffung zugunsten einer überstaatlichen Organisation wie z.B. der Uno“ ist missverständlich und wird deshalb nacholgend erläutert:
Es braucht keinen Ersatz für die bewaffnete Macht eines Nationalstaates, weil wir nicht an die Notwendigkeit und Möglichkeit des Verteidigungskrieges glauben und auch den Verteidigungskrieg als Verbrechen betrachten. Weil wir den imperialistischen Raubkrieg („Sicherung der Rohstoffe“) ablehnen und verhindern wollen, nicht nur, weil er rechtswidrig ist.
Andererseits können wir nicht ausschließen, dass es zu Konflikten kommt, in welchen Völkermord oder gravierende Verbrechen drohen oder stattfinden, wo politische und zivile Mittel versagt haben oder nicht mehr gegeben sind, staatliche Strukturen nicht vorhanden sind oder Regierungen Verbrechen gegen die Bevölkerung begehen. In solchen Szenarien kann der Einsatz einer Uno-Polizeitruppe sinnvoll sein (Szenarien wie z.B. in Ruanda, Sudan-Darfur, dem Bürgerkrieg in Sierra Leone).
Eine Uno-Truppe wäre im Rahmen von Abrüstung akzeptabel
Meine These: Eine bewaffnete Polizeitruppe im Sinne der Uno-Charta und unter einem neutralen Kommando ist als Struktur und Konzept akzeptabel; und sie kann dazu beitragen, mehr Akzeptanz für unsere Politik zu erreichen.
Eine Beschäftigung mit diesem Konzept kann zeigen, dass diese Polizeitruppe unter den gegebenen Umständen unwahrscheinlich ist, solange wir nicht Abrüstung durchsetzen. Zustimmung zu einem derartigen Konzept kann es nur geben, wenn und insofern es Teil eines Programmes für Abrüstung ist (also nicht: Uno-Polizeitruppe installieren und ansonsten bleibt alles, wie es ist).
Für eine internationale Polizeitruppe der Uno sollte die BRD Finanzmittel, Material, Strukturen und Stützpunkte zur Verfügung stellen, die derzeit von der Bundeswehr genutzt werden.
„Struktur und Konzept“ soll heißen, über einen Einsatz ist im Einzelfall zu entscheiden – er kann auch scheitern oder von vorneherein sinnlos sein.
Fragen zur Uno-Polizei
1) Wer greift ein – eine internationale Polizeitruppe unter Kommando der UNO. Ein gemeinsames Oberkommando der Vereinten Nationen ist in der Charta vorgesehen, aber nie realisiert worden, weil die Großmächte das nicht wollen. Dieses Oberkommando müsste neutral, nur an der UN-Charta orientiert sein, loyal gegenüber dem Völkerrecht bzw. den Menschenrechten und unabhängig von den Interessen der Großmächte, bzw. allgemein unabhängig von nationalstaatlichen Interessen.
2) Wer entscheidet, wer hat die Führung? Der Sicherheitsrat in der jetzigen Form wird nur das beschließen, was den Interessen der fünf Atommächte nicht widerspricht. Diese Fünf, allen voran die USA, haben am häufigsten durch ihre Kriege gegen das Völkerrecht verstoßen. Solange die Veto-Mächte durch ihren Atommacht- Status privilegiert sind, wird sich daran nichts ändern. Solange werden sie auch bei Einsatzentscheidung und Führung mitreden. Die Privilegierung der Atommächte kann nur durch und in einem Prozess der Entmilitarisierung und Abrüstung überwunden werden.
3) Wozu – zur Verhinderung von Völkermord und evtl. Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Kriterien für Eingreifen/Einsatz sind aufzustellen; enge Verbindung mit präventiver (diplomatischer, ziviler?) Konfliktbearbeitung und dem internationalen Strafgerichtshof.
4) Womit – mit angemessenen polizeilichen Mitteln. Solche Mittel und Methoden beinhalten leichte Waffen, Ziel ist immer, Verbrechen zu verhindern und Täter vor Gericht zu bringen – Es gibt keine Optionen und Mittel gegen eine überlegene Militärmacht – d.h. die USA aus Irak oder Afghanistan oder China aus Tibet rauszuwerfen oder die Kriege z.B. der indischen Regierung gegen Separatisten zu beenden ist nicht möglich. Brauchbar ist ein solches Konzept aber für ein Szenario wie in Darfur, Somalia, Ruanda.
Diese kurzen Überlegungen zeigen, dass es eine neutrale, dem Völkerrecht verbundene Polizeitruppe unter den gegebenen internationalen Verhältnissen nicht geben wird. Der „Schutz der Menschenrechte“ kann glaubwürdigerweise nicht von imperialistischen Großmächten, sondern nur von international zusammenarbeitenden Nicht-Regierungs-Organisationen betrieben werden; deren Möglichkeiten und Wirksamkeit sind aber sehr begrenzt ist.
„Bundeswehr abschaffen“ zielt auf einen Einstieg in die allgemeine Abrüstung, zielt darauf, durch Entmilitarisierung bewaffnete Konflikte und Krieg immer unwahrscheinlicher zu machen, völker- rechtliche Konfliktregelungen durchzusetzen, zivile Konfliktbearbeitung zu ermöglichen. Daher ist die Forderung „Bundeswehr abschaffen“ sinnvollerweise zu verbinden mit Stopp der Rüstungsexporte, Unterbindung des illegalen Waffenhandels, Stopp der Rüstungsproduktion, Zivile Konfliktbearbeitung etc., wie wir das mit Schritte zur Abrüstung bzw. Zukunft sichern-Abrüsten getan haben und tun.
Wer mit uns für Abrüstung eintreten will und an die Notwendigkeit einer internationalen Polizeitruppe glaubt, sollte uns willkommen sein. Und: Bisher drückt sich die DFG-VK um das Thema „Responsibility to Protect“ („Verantwortung zum Schutz“, vgl. den Artikel von Christoph Strässer „Das Völkerrecht weiterentwickeln“ in der Zivilcourage 3/2013). Mit der Einordnung in eine Abrüstungspolitik, wie ich sie hier skizziert habe, hätten wir sehr wohl etwas zu sagen.
Thomas Rödl ist Sprecher des DFG-VK-Landesverbands Bayern.
Der Beitrag ist der Zivilcourage 1-2014 im Februar 2014 entnommenhttp://www.zivilcourage.dfg-vk.de
Der Zivile Friedensdienst (ZFD)
Gewalt ohne militärische Mittel eindämmen und die zivilen Kräfte der Gesellschaft dabei stärken, Konflikte friedlich zu regeln: Das sind die Ziele des Zivilen Friedensdienstes (ZFD).
Das Programm startete 1999. Seitdem werden speziell vorbereitete Fachkräfte in Krisenregionen entsandt. Sie unterstützen örtliche Partnerorganisationen dabei,
• den Ausbruch gewaltsamer Konflikte im Vorfeld zu verhindern (Krisenprävention),
• Konflikte friedlich beizulegen (Gewaltminderung),
• nach Konflikten friedensfördernde Strukturen aufzubauen und dadurch zu einer langfristigen Friedenssicherung beizutragen (Konfliktnachsorge).
Im Zivilen Friedensdienst (ZFD) wirken nichtstaatliche und staatliche Träger zusammen, um Hass und Gewalt zu vermeiden und Verständigung zu erleichtern. Die Trägerorganisationen entsenden die Fachkräfte des Zivilen Friedensdienstes. Die Fachkräfte tragen auf Wunsch lokaler Partner vermittelnd und unterstützend dazu bei, Feindschaft, Angst und Misstrauen zu überwinden. Die Fachkräfte arbeiten befristet bei einer lokalen Trägerorganisation mit oder schulen und trainieren Multiplikatorinnen und Multiplikatoren vor Ort.
Gewaltfrei Leben gestalten
Aktionskonferenz PAXX – Peace Action Trainings
(Von Roland Blach, Stephan Brües und Otto Reger
https://zivilcourage.dfg-vk.de
für Zivilcourage 5-2010
)
Vom 29. Oktober bis 1. November fand im Volkshaus Neckarau in Mannheim eine intensive und kreative Aktionskonferenz statt: PAXX – Peace Action Trainings. Neben dem Hauptinitiator DFG-VK waren auch das Heidelberger Party-Kollektiv „Party & Activism“, die Werkstatt für Gewaltfreie Aktion Baden, das Friedensplenum Mannheim und der Bund für Soziale Verteidigung aktiv beteiligt.
Die Idee der Aktionskonferenz war, frischen Wind in die Friedensbewegung zu bringen, neue und altbewährte Aktionsformen (wieder) kennenzulernen und einzuüben und mit den besprochenen Inhalten zu verknüpfen.
DFG-VK ist Mitglied im Bund für soziale Verteidigung
Soziale Verteidigung wird vom BSV verstanden als Verteidigung der Institutionen und Werte der Zivilgesellschaft mit gewaltfreien Mitteln. Verteidigung bedeutet so die Bewahrung des Lebens und der Möglichkeiten zu sozialer Veränderung und den Widerstand gegen Unterdrückung und Ausbeutung, Militärgewalt und Menschenrechtsverletzungen hier und anderswo.
[Weiterlesen…] Infos zum Plugin DFG-VK ist Mitglied im Bund für soziale VerteidigungforumZFD – Frieden braucht Visionen
Unsere Vision ist die einer Weltgesellschaft, die ihre Konflikte ohne Gewalt löst. Wir streben eine Kultur der Gewaltfreiheit an, in der Konflikte konstruktiv mit dem Ziel eines nachhaltigen, gerechten Friedens bearbeitet werden.
Unser Auftrag: Frieden braucht Fachleute
Mit der Qualifizierung von Friedensfachkräften und der Durchführung von Projekten des Zivilen Friedensdienstes arbeitet das forumZFD an der Entwicklung von Methoden und Instrumenten für gewaltfreien Umgang mit Konflikten.