Schutz und Asyl für Kriegsdienstverweigerer aus Russland, Belarus und der Ukraine: Rund dreißig Organisationen aus Deutschland rufen zu einer Aktionswoche zum Schutz für all diejenigen auf, die in Russland, Belarus und der Ukraine den Kriegsdienst verweigern. Die Aktionswoche wird rund um den 15. Mai, dem Internationalen Tag der Kriegsdienstverweigerung, stattfinden.
Zwei Jahre nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine gibt es weiter keinen Schutz für diejenigen aus Russland und Belarus, die sich nicht an dem völkerrechtswidrigen Krieg beteiligen wollen. Und auch die Ukraine erkennt kein allgemeines Recht auf Kriegsdienstverweigerung an; einige Verweigerer wurden sogar zu Gefängnisstrafen verurteilt.
Es gibt mindestens 250.000 Militärdienstpflichtige aus Russland, die seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine das Land verlassen haben und Schutz in anderen Ländern suchen. Schätzungsweise 22.000 belarussische Militärdienstpflichtige haben ihr Land verlassen, weil sie sich nicht an einer möglichen Beteiligung am Krieg in der Ukraine beteiligen wollen. In der Ukraine wird die Zahl der Männer, die versuchen, sich dem Kriegsdienst zu entziehen und in die EU geflohen sind, nach Zahlen von Connection e.V., auf 325.000 geschätzt. Viele Tausend verstecken sich auch innerhalb des Landes. Die Ukraine erkennt kein allgemeines Recht auf Kriegsdienstverweigerung an; die bestehenden Regelungen werden gerade weiter verschärft.
Sie alle müssen wegen ihrer Haltung gegen den Krieg eine mehrjährige Verfolgung befürchten. Sie hoffen auf Schutz in der Europäischen Union.
„Es ist eine Schande, dass die europäischen Staaten der Ukraine unbegrenzte Unterstützung zusagen, aber gleichzeitig denjenigen keine Zuflucht gewähren, die sich an dem Krieg nicht beteiligen wollen. Damit wird hingenommen, dass Menschen gegen ihren Willen zu Mittäter*innen in diesem völkerrechtswidrigen Krieg gemacht werden“, so Dr. Christine Schweitzer vom Bund für Soziale Verteidigung.
„Angesichts des Krieges in der Ukraine brauchen wir eine klare Zusage der deutschen Bundesregierung und der europäischen Institutionen“, so Rudi Friedrich vom Kriegsdienstverweigerungs-Netzwerk Connection e.V., „dass bei Desertion und ausdrücklich auch bei Militärdienstentziehung in Russland Flüchtlingsschutz garantiert wird. In bisherigen Asylverfahren werden die Betroffenen nach wie vor abgelehnt. Ein echter Schutz für alle, die sich dem Krieg verweigern, ist schon lange überfällig.“ Aber die Quote der Asyl-Anerkennungen von russischen und belarussischen Verweigerern hat sogar abgenommen, wie Zahlen des Bundesinnenministeriums zeigen.
Gruppen und Organisationen, die sich an den Aktionswochen beteiligen wollen, wenden sich bitte an office@Connection-eV.org oder svg@dfg-vk.de. Weitere Informationen sind erhältlich über https://de.Connection-eV.org/ObjectWarCampaign.
Aufruf zur Aktionswoche zum Internationalen Tag der Kriegsdienstverweigerung (15. Mai)
Kriegsdienstverweigerung ist ein Menschenrecht. Kriegsdienstverweiger*innen brauchen Asyl
Krieg ist ein Verbrechen an der Menschheit.
Aktuell werden in den verschiedensten Ländern Kriege geführt, auf Kosten der jeweiligen Bevölkerung, mit Tausenden von Toten und weitreichenden Zerstörungen. Der Angriffskrieg Russland gegen die Ukraine geht inzwischen ins dritte Jahr. Seit dem Angriff der Hamas führt Israel einen Krieg in Gaza. Die Türkei setzt immer wieder Militär in den benachbarten Staaten in den kurdischen Gebieten ein. Die Lage zwischen Armenien und Aserbaidschan ist weiterhin angespannt. Im Sudan, Jemen oder Myanmar herrschen Kriege, die den genannten Kriegen in Bezug auf Zahlen der Opfer und Grausamkeit um nichts nachstehen, die nur weniger öffentliche Beachtung finden.
In all diesen Ländern gibt es Menschen, die sich dem Krieg verweigern. Sie wollen keine anderen Menschen töten und auch nicht in diesem Krieg sterben. Soldat*innen an der Front wollen angesichts des Grauens ihre Waffen niederlegen. Ihnen allen drohen dafür Repression und Gefängnisstrafen. Aber: Kriegsdienstverweigerung ist ein international anerkanntes Menschenrecht!
Wir sehen die Kriegsdienstverweigerung als einen wichtigen Baustein, um Krieg, Tod und Zerstörung zu überwinden. Wir fordern die uneingeschränkte Einhaltung des Menschenrechts auf Kriegsdienstverweigerung, gerade in einem Krieg. Wir fordern Schutz und Asyl für verfolgte Kriegsdienstverweiger*innen und Kriegsgegner*innen.
- Wir fordern von den Regierungen weltweit: Stellen Sie die Verfolgung von Kriegsdienstverweigerer*innen und Deserteur*innen umgehend ein! Entlassen Sie inhaftierte Kriegsgegner*innen. Erkennen Sie das unveräußerliche Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung an!
- Wir fordern von der EU und der Bundesregierung: Öffnen Sie die Grenzen! Geben Sie Kriegsgegner*innen die Möglichkeit der Einreise in die Europäische Union! Schützen Sie Kriegsdienstverweigerer*innen und Deserteur*innen und geben Sie ihnen Asyl!
Dafür organisieren wir in der Woche des 15. Mai, dem „Internationalen Tag der Kriegsdienstverweigerung“ – vom 13. bis zum 19. Mai 2024 – Kundgebungen und Demonstrationen vor Regierungseinrichtungen von kriegführenden Staaten, Mahnwachen vor Denkmälern für Deserteur*innen und weitere kreative Aktionen an verschiedenen Orten. Wir betonen dabei: Kriegsdienstverweigerung ist ein Menschenrecht!
Ein Schwerpunkt unserer diesjährigen Aktionswoche wird die #ObjectWarCampaign sein, mit Aktionen für all diejenigen, die sich dem Einsatz im Ukraine-Krieg entzogen haben, auf welcher Seite auch immer. Wir fordern Schutz und Asyl für tausende Menschen, die sich auf beiden Seiten des Krieges verweigern. #ObjectWarCampaign – www.objectwarcampaign.org
Ein weiterer Schwerpunkt wird die Unterstützung israelischer Kriegsdienstverweiger*innen sein, wie z.B. Sofia Orr, die für ihre Entscheidung ins Gefängnis gegangen ist: „Seit Beginn des Krieges in Gaza bin ich mir sicher, dass wir für eine andere Lösung kämpfen müssen und dass ich mich diesem Kreislauf des Blutvergießens widersetzen muss, sonst wird er nie enden.“ www.Connection-eV.org/Mesarvot
Wir sind besorgt über die politischen Forderungen, Deutschland wieder „kriegstüchtig“ zu machen und eine Militärdienstpflicht oder allgemeine Dienstpflicht einzuführen.
Wer wir sind
Wir sind ein Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen und sind solidarisch mit allen Menschen, die sich dem Krieg widersetzen. Wir laden alle Menschen ein, die sich gegen Krieg und gegen Aufrüstung einsetzen möchten! Für Menschen und Gruppen aus dem nationalistischen und antidemokratischen Spektrum ist auf unseren Aktionen kein Platz. Informiert uns gerne über geplante Aktionen unter office@connection-ev.org.
Initiiert von: act for transformation; Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF); Arbeitskreis Asyl Tribsees; Arbeitskreis Internationalismus der IG Metall Berlin; Bund für Soziale Verteidigung; Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz e.V.; Connection e.V.; Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK); Ev. Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden (EAK); Flüchtlingsrat Baden-Württemberg e.V.; Flüchtlingsrat Hessen e.V.; Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V.; Flüchtlingsrat Schleswig Holstein e.V.; Forum gewerkschaftliche Linke Berlin; Frauennetzwerk für Frieden e.V.; Friedensbüro Salzburg; Friedensinitiative Nottuln e.V.; Graswurzelrevolution – Monatszeitung für ein gewaltlose, herrschaftsfreie Gesellschaft; Internationale der Kriegsdienstgegner*innen (IDK); International Peace Bureau (IPB); Initiative Solidarität für Pazifist*innen aus Osteuropa; Komitee für Grundrechte und Demokratie; Kooperation für den Frieden; Lebenshaus Schwäbische Alb – Gemeinschaft für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie e.V.; NaturFreunde Deutschlands e.V.; Netzwerk Friedenssteuer; Netzwerk Friedenskooperative; pax christi – Deutsche Sektion e.V.; Schweizerischer Zivildienstverband CIVIVA; TamieH – ZukunftsWerk Fliegerhorst Crailsheim
Pressemitteilung des Bündnisses für den „Internationalen Tag der Kriegsdienstverweigerung 2024“, Offenbach/Minden/Stuttgart, 28. März 2024
Kontakt
Bei Fragen und für Interviews stehen wir gerne zur Verfügung:
Christine Schweitzer, Bund für Soziale Verteidigung, info@soziale-verteidigung.de, 0571-29 456
Rudi Friedrich, Connection e.V., office@connection-ev.org, +49 69 8237 5534
Michael Schulze von Glaßer, Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK), svg@dfg-vk.de, +49 176 2357 5236