Während die Zivilgesellschaft und andere Beobachtende aus dem Raum geworfen werden einigt sich die Gruppe auf einen Bericht ohne Auswirkung, Ziel und Mandat für nächstes Jahr während in aktuellen Konflikten Waffensysteme mit Autonomie in den kritischen Funktionen getestet werden.
Vom 15.-19. Mai kamen in Genf Staaten in einer Gruppe von Regierungsexpert*innen (GGE) im Rahmen der VN-Konferenz über bestimmte konventionelle Waffen (CCW) zusammen, um sich über autonome Waffen zu unterhalten. Im Rahmen der CCW mit ihren 126 Vertragsstaaten laufen die Gespräche seit bald zehn Jahren, davon etwa sieben Jahre im Format der GGE.
Marius Pletsch, Campaigner der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) in der internationalen Campaign to Stop Killer Robots: „In Bezug auf die Möglichkeiten der Beteiligung von Zivilgesellschaft und weiteren Beobachtenden war diese Sitzung der bislang krasseste Rückschritt.“ Gründe hierfür sind, dass die Möglichkeiten der mündlichen Intervention auf Druck von Russland beschnitten wurde, ein Großteil der substanziellen Gespräche in Hinterzimmern mit ausgewählten Staaten stattfanden und die Zivilgesellschaft und weitere Beobachtende, wie das Internationale Komitee vom Rotem Kreuz und die EU in der langen Freitagnacht trotz Widerspruchs von 21 Staaten, darunter Deutschland, des Raumes verwiesen wurden. Auf den Ausschluss hat nur ein Staat bestanden: Russland. Der Schaden für die Gruppe und die CCW als Ganzes ist enorm, der Ruf als inklusives Forum ist mittlerweile mehr als nur angekratzt.
Der so intransparent ausgehandelte und verabschiedete Bericht ist zum Zeitpunkt des Verfassens der Meldung am Mittwoch noch immer nicht öffentlich. Klar ist jedoch, der Inhalt bleibt weit hinter dem zurück, was angesichts des rasanten technologischen Fortschritts und der Erprobung von Waffensystemen mit Autonomie in den kritischen Funktionen in den aktuellen Kriegen und Konflikten nötig wäre, um der digitalen Entmenschlichung etwas entgegenzusetzen.
Thomas Küchenmeister von Facing Finance, Sprecher des deutschen Ablegers der Kampagne sagt zu dem Inhalt: „Der Bericht liefert keine brauchbare Charakterisierung von Autonomen Waffensystemen. Der Absatz über Verbote stellt lediglich klar, dass Autonome Waffensysteme nicht verwendet werden dürfen, wenn sie nicht rechtmäßig eingesetzt werden können – und für diese tautologische Feststellung spricht man sich seit fast zehn Jahren in dem Forum“. Zwar erkennt der Bericht an, dass Kontrolle notwendig ist, jedoch führt er nicht weiter aus, was Kontrolle erfordert, und ignoriert weit verbreitete Forderungen nach einer angemessenen Verständlichkeit und Vorhersagbarkeit der Systeme sowie nach Erklärbarkeit, Zuverlässigkeit und Nachvollziehbarkeit.
Wie es mit der Arbeit der Gruppe weitergeht, wird das Treffen der Hohen Vertragsstaaten entscheiden. Die GGE selbst konnte sich auf keine Empfehlungen für ein Mandat einigen. Jennifer Menninger, Geschäftsführerin WILPF Deutschland: „Die Ergebnisse der CCW sind enttäuschend. Deutschland sollte sich außerhalb der CCW mit gleichgesinnten Staaten, der Zivilgesellschaft und Organisationen wie dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz zusammenschließen, um endlich einen völkerrechtlich verbindlichen Rahmen mit Verboten und Regulierungen von autonomen Waffensystemen zu erreichen. Gleichzeitig dürfen die Tech Industrie und die Forschung von der Politik nicht dazu ermutigt werden, solche Waffen zu entwickeln.“
Weltweit unterstützen bereits 90 Staaten ein völkerrechtlich verbindliches Instrument, um den Risiken durch die Entwicklung und den Einsatz von autonomen Waffensystemen zu begegnen, darunter zwölf Staaten aus Europa und sechs NATO-Staaten. Seit 2013 bekannten sich alle Bundesregierungen für die Ächtung von Autonomen Waffensystemen. Jedoch bleibt die Bundesregierung weiterhin nebulös, wenn es um die Form eines Dokumentes geht, welches Verbote und Regulierungen beinhalten soll. Sie hat weiterhin keine klare Position oder Strategie zu dem Thema verfasst, anders als zu Künstlicher Intelligenz im zivilen Bereich. Doch ähnlich wie der derzeit auf EU-Ebene verhandelte AI-Act wird die militärische Nutzung explizit ausgeklammert. Beispiele aus anderen Ländern, wie den Niederlanden oder der interministeriellen Arbeitsgruppe aus Luxemburg zeigt, dass sich eine intensivere Auseinandersetzung mit dem Thema in einer nationalen Position förderlich sein kann. Es wird Zeit, dass sich die Bundesregierung dem Thema annimmt und den einzigen logischen Schluss aus den Erfahrungen in Genf zieht: In der CCW ist das proklamierte Ziel nicht erreichbar. Es brauch ein inklusiveres und ambitioniertes Forum, in dem nicht länger einige wenige hochmilitarisierte Staaten den nötigen Schritt zu einem völkerrechtlich verbindlichen Rahmen zu autonomen Waffensystemen aufgrund von einem als Veto für jeden Staat genutzten Konsensprinzips blockieren können.
Pressemitteilung der Kampagne „Killer Roboter Stoppen“ vom 25. Mai 2023
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